Aus der Wundertüte: Fragment eines Ohrlöffelchens

Autorin: Christine Ranseder

Zum Reinigen schmutziger Ohren, besser gesagt Gehörgänge, dienen seit der Älteren Eisenzeit Ohrlöffelchen. Zuhause würden wir heute eher zum Wattestäbchen greifen, als zu einem kleinen Löffel aus Metall oder Bein.

Ein Exemplar aus Buntmetall, dessen oberes Ende abgebrochen ist, wurde am St.-Bartholomäus-Platz in Hernals (Wien 17) gefunden. Hier befand sich einst ein Friedhof, das Toilettegerät konnte aber weder einem Grab noch einer Planierschicht zugeordnet werden. Es handelt sich also um einen sogenannten Streufund. Das macht seine zeitliche Einordnung schwierig, zumal bei archäologischen Untersuchungen bisher nur wenige vergleichbare Objekte aus Mittelalter und Neuzeit geborgen wurden.

Form und Tiefe der Laffe des Ohrlöffelchens sowie ihr fließender Übergang zum Schaft legen eine Datierung in das 16./17. Jahrhundert nahe. Knapp unterhalb der Bruchstelle sind zwei Wülste auszumachen, die den Schaft zieren. Ob das andere Ende des Ohrlöffelchens zu einer Spitze geformt war, die als Zahnstocher zum Einsatz kam, lässt sich nicht mehr sagen. Eine attraktive Version eines derartigen multifunktionalen Gegenstandes aus der Zeit um 1650 – allerdings aus Bein – ist in der Objektdatenbank des Kunsthistorischen Museums Wien zu bewundern.
Oft saß am oberen Ende des Ohrlöffelchens jedoch eine Öse, sodass es sich an einem Ring, Kettchen oder Band befestigen ließ. Zusammen mit Zahnstocher, Pinzette und Messerchen ergab es ein Toilettebesteck.

Mit den Minilöffeln musste nicht unbedingt im Ohr gestochert werden. Sie eigneten sich auch hervorragend zur Entnahme kleiner Mengen wertvoller Substanzen oder Kosmetika aus Gefäßen aller Art.