Datum: 12.08.2016 | Autor: I. Gaisbauer
Fundort: Wien 3, Rasumofskygasse | Zeitstellung: Mittelalter

Um etwas länger am Leben zu bleiben, leichteren aber auch schweren Erkrankungen zu trotzen, bediente man sich durchaus der einen oder anderen Praktik, die heute nur noch Kopfschütteln auslöst, andere Heilmethoden feiern fröhliche Urstände. Ein solcher medizinischer Dauerbrenner ist das Schröpfen. Neben Aderlass und Blutegeln zählte es zu einer der besonders häufigen Therapien gegen nahezu alles. Geschröpft wurde durch das Erhitzen eines Hohlgefäßes aus Glas oder Metall, das dann an der Haut angesetzt wurde. Durch das Abkühlen entstand Unterdruck und eine Sogwirkung.

Schröpfkopf aus der Grabung Rasumofskygasse
Schröpfkopf aus der Grabung Rasumofskygasse

Bei einer blutigen Variante dieser Behandlung wurde die Haut vorher angeritzt und man erreichte damit ähnlich wie beim Ansetzen von Blutegeln und dem klassischen Aderlass einen künstlich herbeigeführten Blutverlust. Oft genug wurden damit vor allem bei einem Aderlass so viele „schädliche Säfte“ ausgeschieden, dass der Patient den Blutverlust nicht überstand. Aber auch beim Schröpfen darf die Wirksamkeit im Falle schwerer Erkrankungen angezweifelt werden. Im Großen und Ganzen symbolisiert ein Schröpfkopf also eher ein düsteres Kapitel des zähen und von permanentem Scheitern bedrohten Kampf des mittelalterlichen Menschen gegen Krankheit und Tod. Diese Fakten sind hinlänglich bekannt, erhaltene Schröpfköpfe hingegen sind in Wien bislang Mangelware. Umso bedeutsamer ist es also, dass im 3. Bezirk in der Rasumofskygasse ein Schröpfkopf aus Bronze aus dem späten Mittelalter zu Tage kam, ein handfester Zeuge medizinischen Ringens und menschlicher Hoffnung und wohl auch Verzweiflung.

Weiterführende Informationen: Grabung Rasumofskygasse