Recycling im 15. Jahrhundert

Autorin: Renate Kohn (Österreichische Akademie der Wissenschaften)

Wie häufig ist es doch so, dass wir glauben, etwas völlig neu erfunden zu haben, und plötzlich draufkommen, dass es das schon seit Jahrhunderten gibt. Dass dies auch für das so modern anmutende Phänomen „Recycling“ gilt, soll hiermit bewiesen werden:
Bei den Ausgrabungen am Stephansplatz kamen mehrere Steinplatten zum Vorschein, die sich durch ihre aufwändigere Gestaltung vom umliegenden Material abheben. Sie zeigen eingravierte Buchstabenfolgen und Zeichnungen. Außerdem bilden sie so etwas wie ein Ensemble, relativ knapp unterhalb des Platzniveaus direkt anschließend an die Außenmauern der Barbarakapelle. Die meisten von ihnen sind sogar halb unter die Mauern geschoben. Während der Grabungsarbeiten wirkten sie wie ein Sockel für die Kapelle, sie bilden also die oberste Lage ihrer Fundamente. Doch wieso sind sie so schön verziert, wenn sie ohnehin nie jemand zu sehen bekommen sollte?

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Alte Bekannte und Neue Freunde

Autorin: Ingeborg Gaisbauer

Offenbar liebt es die Wiener Medienlandschaft persönlich. Sie schätzt den direkten Kontakt, die unmittelbare Ansprache, denn wie sollte es sich sonst wohl zutragen, dass ein Skelett nur wenige Tage nach seiner Entdeckung bereits einen (wenig geistreichen) Spitznahmen hat? Also gut, es soll uns keiner nachsagen, dass wir unseren Funden nicht innig verbunden sind, nur keine falsche Distanziertheit und schön der Reihe nach.

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Repräsentativer Freiraum!

Autorin: Ingeborg Gaisbauer

Salomon Kleiner, Stephanskirche, 1721. [Nach M. Eisler (Hg.), Das barocke Wien. Historischer Atlas der Wiener Ansichten (Wien/Leipzig 1925) Taf. 23]
In den letzten Monaten erschien der Stephansplatz zugegebenermaßen etwas „uneben“ – eine sich ständig verschiebende Landschaft von Künetten. Diesen Montag wurde am Stephansplatz der Auftakt zur Neugestaltung des Platzes und vor allem seiner Oberfläche begangen. Tatsächlich „begehbar“ wird die neue Oberfläche dann voraussichtlich im November sein. Fußangelfrei soll das neue Pflaster sein und mit in die Pflasterung eingearbeiteten kreuzförmigen Mustern. Ein  „memento mori“  um der vielen Toten zu gedenken? Vor allem jener, deren prominente Grabsteine nicht an der Fassade des Domes angebracht wurden? Ein „memento cemeterii“, eine Erinnerung an Jahrhunderte von Friedhofskultur und Bestattungsvorgeschichte des heutigen Platzes? Zumindest einem Archäologen drängt sich eine solche Überlegung durchaus auf.

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Hin, weg und wieder da – Künetten am Stephansplatz

Autorin: Ingeborg Gaisbauer

Nach zwei Führungsmontagen erst einmal so viel:
Man ist im verbauten Umfeld einer Großstadt gewohnt, Führungen mit Sätzen wie: „Hier befand sich einmal …“, „In römischer Zeit stand hier …“ usw. zu beginnen. Die Künettengrabungen am Stephansplatz stellen da allerdings eine ganz neue Herausforderung dar.  Hier weiß ich von einer Woche zur nächsten nicht, ob etwas zu sehen sein wird, welche Künette Einblicke bietet. Das macht es abwechslungsreich, aber nicht einfacher. Immerhin soll nicht nur die ohnehin schon bekannte Geschichte des Platzes angesprochen werden, sondern auch Neuigkeiten – so es sie gibt – vermittelt werden. Und damit wären wir auch schon „in medias res“ wie der Lateiner so schön sagt, also „mitten drin“ bei der Frage: Was gibt es Neues?

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Der Stephansplatz – zentraler geht es fast nicht mehr

Autorin: Ingeborg Gaisbauer

Kann man aus Wiener Sicht an einer zentraleren Stelle Archäologie betreiben als  am Stephansplatz? Wird der Dom nicht oft genug als –  auch touristisch wirksames  – Herzstück dieser Stadt gepriesen?

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