Autorin: Christine Ranseder
Sobald Reinigung und Restaurierung abgeschlossen sind, erfolgt die Sichtung des Fundmaterials einer Ausgrabung. Für die MitarbeiterInnen der Stadtarchäologie Wien gilt es, sich für die Berichtlegung innerhalb kürzester Zeit einen Überblick zu verschaffen.
Welche Funde stammen aus welchem Befund? Wie alt sind die Funde? Wie ist die Keramik beschaffen und welche Gefäßformen lassen sich feststellen? Welche Gegenstände aus Metall, Glas oder Bein haben sich erhalten? Wie viele Gefäßfragmente, Schmuckstücke, Trachtbestandteile etc. wurden geborgen?
Es hat sich für die schnelle Erfassung des Fundmaterials bewährt, an Epoche und Materialgattung angepasste Formulare zu verwenden. Auf jedem dieser Formulare werden Grabung, Befundnummer und Fundnummer vermerkt. Hinzu kommen die Kriterien zur Bestimmung und Beschreibung der Funde. So wird zum Beispiel auf dem Blatt für mittelalterliche und neuzeitliche Keramik eingetragen, ob es sich um Irdenware (oxidierend- oder reduzierend gebrannt, Mischbrand), Fayence, Steingut, Steinzeug oder Porzellan handelt. Auffällige Bestandteile der Magerung werden ebenso festgehalten wie das Vorhandensein einer Glasur. Vollständig erhaltene Gefäße, Rand-, Wand- oder Bodenbruchstücke werden gezählt. Das Vorhandensein von Henkel, Knauf oder Ausguss findet ebenfalls Erwähnung. Es folgen die kurze Beschreibung von Form und Verzierung und schließlich die Datierung. Darüber hinaus wird auch der Zustand der Scherben beurteilt. Die so erhobenen Daten können als Grundlage für Listen oder digitale Datenbanken dienen.
Wie so oft in der Archäologie führen auch bei der Schnellsichtung viele Wege zum Ziel. Arbeitsabläufe und Formulare werden von ArchäologInnen individuell optimiert und den jeweiligen Gegebenheiten angepasst. Dennoch ähnelt Fundmaterial zu sichten (fast) immer der Arbeit am Fließband: Fundsackerl aufmachen – Funde auflegen – sortieren – Ansprache und Bestimmung – zählen – Datierung – Formular ausfüllen – Arbeitsfoto machen – Funde wieder verpacken. Nächstes Fundsackerl …
Mit der Sichtung erhalten ArchäologInnen aber nicht nur einen Überblick. Es können in ihrem Rahmen auch gleich jene aussagekräftigen Funde ausgewählt werden, die gezeichnet und publikationsreif fotografiert werden sollen. Zu diesen zählen ganz erhaltene Gefäße, Rand- und Bodenbruchstücke sowie verzierte oder mit einem Henkel versehene Wandbruchstücke. Dazu kommen noch Metallfunde und Gegenstände aus anderen, selteneren Materialien wie Glas, Knochen oder Muscheln. Alles in allem meist noch immer eine ansehnliche Materialmenge.