Von allwissenden Abfallhalden in der Werdertorgasse

Autorin: Ingeborg Gaisbauer

Üppige Pressemeldungen überall! Da lacht das Herz des Archäologen und der geschichtsbegeisterte Bürger nickt wohlwollend ob der Aufmerksamkeit, die man der Vergangenheit dieser schönen Stadt so liebevoll angedeihen lässt.
Sollten Sie durch die Berichterstattung in den Medien auf den Geschmack gekommen sein: Es gibt reichlich Funde aus dieser Grabung, und wir freuen uns darauf, Ihnen das eine oder andere Objekt in den kommenden Wochen auf diesem Blog etwas näher zu bringen.

Fangen wir doch gleich einmal mit Keramik an, die liegt nämlich in Mengen aus dieser Grabung vor!
Ganz offensichtlich folgte hier eine Abfallhalde auf die andere, Entsorgung von Küchen- und Tafelgeschirr an allen Ecken und Enden. Nach (oder vor – hängt ganz davon ab, ob sie es historisch/chronologisch sehen oder von oben nach unten dem Grabungsfortschritt folgend) der spätmittelalterlichen Abfallschicht haben wir es hier zuerst einmal schwerpunktmäßig mit Keramik aus dem 16. Jahrhundert zu tun. Wir haben hier das übliche Gebrauchsgeschirr zum Kochen, Warmwasseraufbereiten und Aufbewahren.

Auf dem Topfrand  kann man übrigens gut einen zu dieser Zeit recht häufigen Stempel in Form eines Kreuzes erkennen.

Rand eines Topfes mit Stempelmarke. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Ingeborg Gaisbauer)

Dass es sich bei dem Krug nicht um ein Krüglein gehandelt hat, zeigt der Maßstab!

Bruchstück eines großen Kruges aus dem 15./16. Jahrhundert. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Ingeborg Gaisbauer)

Zusätzlich gibt es aber auch farbenfroh-hübsche Stücke, die eher dem Ende des 16. Jahrhunderts zuzuordnen sind und in einer deutlich anderen Klasse spielen – in jeder Hinsicht.

Bruchstücke eines Tellers mit Malhorndekor. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Ingeborg Gaisbauer)
Bruchstücke von Tellern und Krügen mit Malhorndekor. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Ingeborg Gaisbauer)

Bruchstücke von Tellern und Krügen mit Malhorndekor, reich verziert und vermutlich aus dem böhmischen Raum importiert, sind uns bis jetzt noch nicht allzu oft im Wiener Material untergekommen – und gut erhalten sind sie auch noch. Was ein Malhorn ist, möchten sie vielleicht wissen? Bitte sehr, hier können Sie eines sehen! Erkennen kann man diese Art der Bemalung auf den Stücken recht leicht, weil tatsächlich keine Pinselstriche zu sehen sind, dafür aber die leichten Patzer, die z. B.  beim Ansetzen des Malhorns passieren können.

Auf die Keramik aus der mittelalterlichen Uferbefestigung bin ich genauso neugierig wie Sie, und sobald diese Stücke auf meinem Tisch landen, gibt es mehr zu dem Abfall der Vorstadt, der im Hochwasserschutz entsorgt wurde!