auro loquente omnis oratio inanis est – wenn Gold redet, dann schweigt die Welt

Autorin: Constance Litschauer

Mit den römerzeitlichen Fundmünzen geht es in diesem Beitrag um eine im Verhältnis zur Keramik oder zu den Tierknochen weniger häufig anzutreffende, dafür aber mitunter sehr aussagekräftige Fundgattung. Besonders, da sich ArchäologInnen dank des in Form von kaiserlichen Titeln und Ämtern in der Münzlegende oft angegebenen Prägedatums eine Hilfe bei der Datierung der aufgedeckten Einbauten erwarten! Wie also sah das typisch wienerische Münzspektrum in römischer Zeit aus?

Die gängigen Münzsorten des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr.: Denar, Sesterz, Dupondius, As. (Fotos: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder)

Während die ältesten Fundmünzen aus dem Großraum Wiens noch keltischen Ursprungs sind, etablierte sich mit der dauerhaften Anwesenheit der Römer ab dem ausgehenden 1. nachchristlichen Jahrhundert auch ihr Geldsystem. Das führte zu einem geregelten Geldzustrom und es flossen jene Münzsorten ein, die für die nächsten beiden Jahrhunderte den Großteil des umlaufenden Spektrums ausmachten.

Mit Ausnahme von beinahe nur in Schatzfunden zu entdeckenden Goldmünzen bedeutet das in der archäologischen Praxis, dass gut im Alltag zu verwendende Geldstücke zu den häufig zu findenden Münzen zählen. Neben Silberdenaren, die auch bei Soldzahlung ausgegeben wurden und sowohl als Einzel- als auch Schatzfundmünzen ausreichend vertreten sind, umfasst dies vor allem die unterschiedlichen Buntmetallkuranten, wie Sesterz, Dupondius und As. Ihr Wertverhältnis zueinander soll an dieser Stelle nicht fehlen und sieht wie folgt aus:

Während sich dieses System anfangs nicht veränderte, beginnt mit der einsetzenden Inflation im 2. Jahrhundert eine Wertminderung der einzelnen Münzsorten. So verdiente ein einfacher Soldat – der miles – unter Augustus 900, unter Domitian 1200, unter Severus 2400, unter Caracalla 3600 und unter Maximinus Thrax bereits 7200 Denare. Was sich der Römer um sein hart verdientes Geld jedoch leisten konnte ist etwas komplizierter, da die Preise variierten und die Quellen nicht allzu üppig sind. Wir können jedoch davon ausgehen, dass man sich im 1. und 2. Jahrhundert um durchschnittlich 0,57 Sesterzen einen Brotlaib kaufen konnte und beispielsweise um 1 Denar oder 4 Sesterzen ein metron Salz, was 9,92 l entspricht. Während Olivenöl – uns bekannten Angaben nach –um 2,75 bis 3 Sesterzen pro Liter zu haben war, waren für eine Tunika unter Caracalla immerhin 15 Sesterzen zu berappen und ein Sklave kostete bereits 6000 Sesterzen beziehungsweise 1500 Denare.

Antoniniane des 3. Jahrhunderts aus dem Legionslager: vielleicht betriebliche Einkünfte einer Werkstätte? (Foto: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder)

Nachdem die römische Expansionspolitik im 2. Jahrhundert n. Chr. endete und die Kosten für Heer und Staat immer mehr explodierten, musste im 3. Jahrhundert das Münzsystem ein erstes Mal grundlegend reformiert werden. So folgte um 214 n. Chr. die Einführung des sog. Antoninians, einer Silbermünze mit doppeltem Denarwert. Dieses ebenfalls dem Wertverlust unterliegende Nominal wies bald nur noch Silberreste auf und verdrängte im Lauf der Zeit die bisher gängigen Münzsorten. Die logische Konsequenz  daraus: der Antoninan bildet bei vielen archäologischen Ausgrabungen den Großteil des Münzvolumens des 3. Jahrhunderts.

Follis des Licinius I. aus dem Legionslager (Foto: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder)

Nachdem auch der Antoninian immer mehr an Wert verlor, sah man sich an der Wende zum 4. Jahrhundert zu weiteren Reformen gezwungen. So wurde 294 n. Chr. unter Diokletian der Argenteus anstelle des Denars eingeführt und mit dem Follis eine weitere häufig zu findende Buntmetallmünze. Mit der erstmaligen Ausprägung des goldenen Solidus anstelle des Aureus unter Constantin I. im Jahr 309 n. Chr. ergänzt eine neu eingeführte Goldmünze das System. Sie ist allerdings bisher nur zweifach von Wiener Fundplätzten belegt.

Die spätantiken Buntmetallmünzen: Maiorina, Centenionalis und Halbcentenionalis. (Foto: Stadtarchäologie Wien/ Christine Ranseder)

Dass auch das neue System nicht vor einem Wertverfall gefeit war, zeigt eine neuerliche Reform unter den Söhnen des Constantinus I., Constans und Constantius II. im Jahr 346 oder 348 n. Chr.: bei den Buntmetallmünzen kommt es zur Einführung des auch in Wien häufig zu findenden Centenionalis und seines Doppelstückes, der Maiorina  sowie bald darauf des Halbcentenionalis als Teilstück.

Ehe jedoch auch diese Münzen kaum noch einen Wert gehabt hätten und weitere Reformen durchgeführt hätten werden müssen, endete die Herrschaft der Römer in unseren Breiten und damit auch ihr Geldsystem.