Graphit – eindeutig zum „guten Ton“ gehörend …

Autorin: Ingeborg Gaisbauer

Was können ein Topf und ein Ziegel gemeinsam haben, außer dass es sich bei beiden im weiteren Sinne um Produkte aus gebranntem Ton handelt? Wenig, außer sie wurden mit demselben speziellen Hintergedanken gefertigt: Hitzebeständigkeit!

Bedenkt man, dass im weiteren Umfeld von Wien weit und breit keine Graphitvorkommen existieren, ist es schon beachtlich, wie oft einem dieser Rohstoff im Geschirr dieser Stadt begegnet. Der Klassiker, wenn es sich um graphithaltige Keramik handelt, ist wohl immer noch der Kochtopf. Schon in der Urgeschichte findet sich Graphit in solchen.

Scherben von späthallstatt-/frühlatènezeitlicher Graphittonware. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder)

Die Römer kommen dann für einige Jahrhunderte ganz ohne den grauglänzenden Zuschlag aus, aber spätestens im 9./10. Jahrhundert wird wieder eifrig mit Graphit gemagert. Was den Graphitgehalt im Geschirr anbelangt, übertreibt man bis ins beginnende Spätmittelalter etwas. Mit einem Kochtopf des Hochmittelalters lässt sich durchaus schreiben, was eindeutig über das kochtechnische Ziel hinausschießt. Experimente und Erfahrungswerte führen hier spätestens im 14./15. Jahrhundert zu einer Reduktion im Sinne des nicht mehr ganz so angegrauten Inhalts. Nebenbei: Graphit ist ungiftig. Diverse Verfärbungen der gereichten Speisen waren also vollkommen harmlos.

Topfbruchstücke aus dem 12./13. Jahrhundert. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Sigrid Czeika)

Nicht sparen durfte man mit der hilfreichen Magerung, wenn nicht das Abendessen das eigentliche Ziel  war, sondern die Anforderungen etwas spezieller wurden. Schmelztiegel, egal ob klein und für sehr edlen Inhalt bestimmt oder groß und mit der Herstellung von Kirchenglocken, Kanonen und der Befüllung betraut: um Graphit kam man nicht herum, um die entsprechenden Temperaturen meistern zu können.

Schmelztiegel, gefunden im ehemaligen Gusshaus auf der Wieden. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Nikos Piperakis)

Auch zum Verschönern im weiteren Sinne konnte man Graphit verwenden. So zeigen Kacheln ab dem 15. Jahrhundert immer wieder eine feine Graphitierung an der Außenseite, die sie in der Optik vermutlich Schmiedeeisen angleichen sollten.

Fragmente von Schüsselkacheln mit Resten einer Graphitierung auf der Schauseite. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder)

Wenn man nun aber im größeren Rahmen mit der Auswirkung beachtlicher Befeuerung zu kämpfen hatte? Aus dem Gusshaus auf der Wieden kennen wir auch Ziegel, die aus hochprozentigem Graphitton gefertigt wurden. Bei diesen speziell in Passau bestellten Produkten, handelt es sich um einen Schutz gegen Hitze und Feuer, der einem gewöhnlichen Ziegel weit überlegen war. Und doch konnte es auch hier zu einem Ausbrennen kommen. Solche Fälle von akuter Überlastung sind dann nicht mehr elegant grauschwarz, sondern rangieren eher unter tiefrot.

Ein Graphittonziegel (oben) und ein weiteres, vollkommen ausgeglühtes Exemplar (unten). (Foto: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder, Werner Chmelar)