Heimat bist du großer Töchter …!

Autorin: Ingeborg Gaisbauer

300 Jahre trüge Maria Theresia dieser Tage auf dem unzweifelhaft ob dieser Last etwas krummen Rücken – Grund genug den diesjährigen Tag des Denkmals ihr und anderen „großen“ Töchtern“ des Landes im weiteren Sinne zu widmen. Es  ist sicher ein edles Unterfangen, sich mit historisch relevanten Vertreterinnen des XX-Chromosomen-Arrangements auseinanderzusetzten. Es stellt sich allerdings schnell die Frage, was und wie viel die Archäologie dazu beitragen kann. Und damit sind wir auch schon mitten drin im Vergnügen, oder „in medias res“, wie die römische Matrone am Stand der Stadtarchäologie Wien vor dem Römermuseum vermutlich sagen würde. Herangehensweisen an dieses Thema gibt es viele, die Stadtarchäologie hat zwei recht unterschiedliche Zugänge gewählt.

Zu einen wird – im möglichen Rahmen – römisches Leben „nachgestellt“, von der Kleidung bis zur Kosmetik verschiedenste – unterschiedlich lebenswichtige – Bereiche des Alltags einer „römischen“ Frau präsentiert. Zum anderen werden Führungen angeboten, die – etwas Zeit übergreifender und gänzlich unkostümiert – eher der Frage der Sichtbarkeit und Erfassbarkeit von Frauen verschiedenster gesellschaftlicher Stellung nachgehen.

Grab einer Frau aus dem frühen Hochmittelalter (8.–10. Jh. n. Chr.) vom Hohen Markt (1. Bezirk).

Ein paar Knochen hier, ein Name anlässlich einer Verheiratung in einer Urkunde dort – die Spuren Wiens nicht so großer Töchter sind zwar möglicherweise tief in den Untergrund „eingegraben“, aber was wir über sie wissen, ist oft in wenigen kümmerlichen Sätzen erzählt.  Ein einsames Grab im Nirgendwo und abgearbeitete Gelenke, die von Schmerzen und mangelhafter Ernährung erzählen, stehen reichen Grabbeigaben gegenüber. Frauen mit klangvollen Familiennahmen (einflussreichen Vätern oder Ehemänner geschuldet) bleiben im wahrsten Sinn des Wortes „knochenlose“ Schatten. Bildliche Quellen, wie die Neidhartfresken, regen nicht nur mit Reigentänzen und verklausuliert dargestellten Vergewaltigungen an, über Frau (und Mann) um 1400 nachzudenken.

„Der Spiegelraub“, Neidhart Fresken im Haus Tuchlauben 19 (1. Bezirk), um 1400. (Wien Museum/Peter Kainz)

Vor einer größeren Kulisse betrachtet sind es nicht die Hauptrollen um die es uns geht, sondern ganz eindeutig „nur“ die Nebendarstellerinnen, im Schatten so „großer“ Töchter wie Maria Theresia. Die kleinen Rollen auf einer großen Bühne, mit stillem Auftritt und leisem Abgang. Aber so ganz unter uns: irgendjemand muss sich auch mit jenen Geschichten auseinandersetzten, die die stürmischen Jahrhunderte so verblasen haben, dass der Handlungsstrang nur noch eine Spinnwebe ist. Wenn Sie sich also auch für „verblasstes Feingesponnenes“ begeistern können, dann sind sie vermutlich bei uns richtig.

Mehr zum Programm der Stadtarchäologie Wien beim „Tag des Denkmals“ am Sonntag, den 24. September 2017 können Sie hier lesen.