In Freundschaft und Liebe

Autorin: Christine Ranseder

E3? Der Konsument von heute denkt dabei vermutlich an einen Lebensmittelzusatz. Doch weit gefehlt! Die 3 ist der deutsche Beitrag zur Sprache der Liebe, wie man sie im 18. Jahrhundert pflegte. Laut gelesen wurde die Zahl ähnlich wie das Wort treu ausgesprochen. Auf einem Ring galt die Kombination aus Initiale und 3 also als Treueschwur. Wer sich hinter dem Buchstaben E auf unserem Ring verbirgt, wird für alle Ewigkeit im Dunkeln bleiben. Auch über den emotionalen Zustand und das Schicksal dieses Namenlosen lässt sich nur mutmaßen. ArchäologInnen müssen sich bekanntlich mit den materiellen Beweisen einstiger Zuneigung begnügen. So mancher Fingerring belegt zumindest den Weg in den Hafen der Ehe und den dortigen Verbleib.

„Ich schenkte meinem Liebsten einen Ring
Und hieß ihn schwören nie ihn wegzugeben; …“
(Porzia in William Shakespeare, Der Kaufmann von Venedig, Fünfter Aufzug, 1. Szene)

Die Gabe eines Ringes – und erst eines mit Herz! – ist ein informelles Versprechen, das mit großen Erwartungen einhergeht.

Sturm der Gefühle

Von Pfeilen durchbohrte Herzen haben bis heute nichts an Beliebtheit verloren, um junger Liebe Ausdruck zu verleihen. In Baumrinde geritzt, auf Hauswände gekritzelt, als Garnierung kitschiger Postkarten oder Bestandteil sentimentalen Schmuckes – Herzerln sind ein allgegenwärtiger Dauerbrenner. Vor allem auf Ringen werden sie zum emotional aufgeladenen Symbol. Nicht zuletzt, weil auch Frauen dieses Schmuckstück sowohl schenken als auch erhalten durften, ohne dass ihre Moral angezweifelt wurde.

Die beiden der Kategorie Liebesringe zuzuordnenden Exemplare aus zwei am St.-Bartholomäus-Platz freigelegten Gräbern gehörten vermutlich Frauen – die anthropologische Bestimmung bleibt mit „eher weiblich“ etwas vage.

Ring mit offener Schiene, von Pfeil durchbohrtem Herz, Initiale und Zahl 3, 18. Jahrhundert. Grab 29, ehemaliger Friedhof am St.-Bartholomäus-Platz (Wien 17). (Foto: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder)

Einen Ring zu schenken kann ein Beweis emotionaler Verbundenheit sein – völlig frei von der folgenschweren Verpflichtung zur Ehe. Bereits im Mittelalter wurden mit Herzen und sich fassenden Händen verzierte Liebesringe gerne empfangen und gegeben. Richtig in Schwung kam der Austausch dieser kleinen Geschenke zwischen einander zugeneigten Personen jedoch im 18. Jahrhundert.

Natürlich könnte der Ring mit dem von Cupido´s Pfeil durchbohrtem Herz auch als Verlobungsring gedient haben. Diesen schönen Brauch verdanken wir den Römern, die Verträge gerne mit einer Ringgabe besiegelten. Sie kamen auf die Idee, dass der zukünftige Ehemann seiner Auserwählten zur Verlobung einen Ring gibt, quasi als Garantie für die versprochene künftige Wirtschaftsgemeinschaft seelige Zweisamkeit.

Ring mit facettiertem roten Stein und fede-Motiv, 2. Hälfte 17. Jahrhundert. Grab 119, ehemaliger Friedhof am St.-Bartholomäus-Platz (Wien 17). (Foto: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder)

Bei dem Silberring mit rotem Stein aus Grab 119 dürfte es sich tatsächlich um einen Verlobungsring handeln. Wer genau hinsieht erkennt ein Herz, das von zwei Händen gehalten wird. Es handelt sich also um eine unbeholfen gearbeitete Variante eines fede-Rings. Der Silberschmied war entweder wenig begabt oder er hatte kein gutes Vorbild vor Augen. Die Ringform beruht auf dem Motiv der sich fassenden Hände, fede genannt (vom italienischen mani in fede). Bereits in der Antike bekannt, erscheint es neuerlich im Mittelalter und erfreut sich bis heute ungebrochener Beliebtheit.
Mit der Zeit wurde zwischen die Hände ein Herz geschoben. Es konnte aus den sich fest umfassenden Händen hervorlugen, wie bei einem um 1600 datierten, emaillierten Ring im MAK, oder die Hände hielten die Fassung eines herzförmig geschliffenen Steins mehr oder weniger fest, wie bei unserem Exemplar. Im 17./18. Jahrhundert erhielt das Herz auch noch eine Krone, so ließen sich – ganz dem Zeitgeschmack entsprechend – eine größere Anzahl an Schmucksteinen unterbringen.
Derartige Ringe symbolisierten Treue und Vertrauen. Es wundert also nicht, dass sie gerne als Verlobungs- und Eheringe verwendet wurden.

Ein Ring sie zu binden …

Bei der Hochzeit Ringe zu tauschen war anfänglich eine Option, keine Verpflichtung. Deren materieller und sentimentaler Wert war schon immer unbestritten. Mit der Zeit wurde der Ehering jedoch auch zum allzeit sichtbaren Zeichen einer legitimierten Beziehung.

Die beiden Ringe aus Grab 119, ehemaliger Friedhof am St.-Bartholomäus-Platz (Wien 17). (Foto: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder)

Die im Grab 119 bestattete Person kam offenbar unter die Haube. Sie hatte nicht nur den Liebesring sondern auch einen schlichten silbernen Reif, der wohl als Ehering zu interpretieren ist. Beide Exemplare wurden am Ringfinger der rechten Hand, um deren Gelenk ein Rosenkranz gewickelt war, gefunden. Ich hoffe die Ehe war glücklich …