Sprechen wir über Schönheit!

Autorin: Ingeborg Gaisbauer

Dass Selbige ganz im Auge des Betrachters liegt, ist eine alte, aber nach wie vor gültige Wahrheit. Wir erlauben uns also wieder einmal, einen Blick auf unseren „ungeschminkten“ Arbeitstisch zu werfen und die innere Schönheit, die sich dort findet, ins Rampenlicht zu rücken.


Generell ist das zeitliche Einordnen eines Stücks nur anhand der Randform immer eine etwas kitzlige Sache, besser ist es, man kann die gesamte Gefäßkontur zur Bestimmung heranziehen. Es gibt allerding auch echte „Charakterköpfe“, die einen selbst bei einer notgedrungen extrem „randlastigen“ Vorgehensweise nicht im Stich lassen. Der höchst nachdrücklich verstärkte Kremprand, der unter sehr, sehr vielen anderen Fragmenten am Frankhplatz zu Tage kam, ist so ein Kandidat. Auch ohne den Rest des Topfes in die Hand zu bekommen, lässt er sich recht gut ganz ans Ende des 15. Jahrhunderts bzw. an den Anfang des 16. Jahrhunderts stellen. Wenn Keramik doch immer so mitteilsam wäre!

Verstärkter Kremprand eines Topfes. Fundort: Frankhplatz, Wien 9. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Ingeborg Gaisbauer)

Aber oft sind es die kleinen Merkmale an einem Stück, Hinweise auf die Produktionsart zum Beispiel, die helfen. Nehmen Sie den Blumentopf – an sich keine besonders entwicklungsfreudige Form, aber: Während der Blumentopf des beginnenden 20. Jahrhunderts maschinell hergestellt (gepresst) wurde, ist der des 19. Jahrhunderts noch auf einer Töpferscheibe gedreht. Blumentöpfe des 18. Jahrhunderts sind nicht nur gedreht, sondern auch noch gerne mit weißer Kalkfarbe verschönt – womit wir wieder bei der Frage nach der Ästhetik angelangt wären.

Fragmente von Blumentöpfen aus dem 18. Jahrhundert. Fundort: Frankhplatz, Wien 9. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Ingeborg Gaisbauer)

Und wenn wir schon dabei sind, ob nun prächtig oder unscheinbar, die Liebe eines Archäologen zu seinen Scherben hält „auf Zeit und Ewigkeit“, wie Hugo von Hofmannsthal es so schön schrieb (auch wenn er damit nicht auf die Archäologie anspielte). Und was könnte dazu besser passen, als dieser reizende kleine Henkel. Für gewöhnlich stempelt man Keramik, das ist einfach und zweckdienlich. Hier findet sich allerdings eine liegende „8“ als zartes Relief, ungleich schwieriger und auch unpraktischer, aber geben Sie es zu: auf eine schlichte Art bildschön!

„Marke“ in Form einer liegenden „8“ auf einem Henkel. Fundort: Frankhplatz, Wien 9. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Ingeborg Gaisbauer)