Datum: 14.11.2016 | Autor: Sylvia Sakl-Oberthaler, Christine Ranseder

Im Vergleich zu heute blieb es nach Sonnenuntergang über Jahrtausende weitgehend dunkel. Für die Römer war Licht noch etwas Besonderes und erlangte über seinen praktischen Wert hinaus symbolische Bedeutung. Die Menschen glaubten an die reinigende Kraft des Feuers und hofften, mit Licht das Böse fernzuhalten. Bei Feiern gab es hingegen der Freude Ausdruck. Über ausreichend Licht zu verfügen verlieh Status, es eignete sich daher für Repräsentationszwecke. Staatsakte und kultische Handlungen nutzten Licht zur Inszenierung.

Licht im Freien

„Weder hatten wir eine einzige Fackel zum Geleit, die uns beim Herumtappen den Weg hätte weisen können, noch ließ die Stille der schon erreichten Mitternacht erwarten, dass uns Leute mit mehr Licht begegnen würden.“ (Petronius, satyricon, 79, 1–5)

Im Freien wurden vorwiegend Fackeln verwendet, denn sie brennen bis zu 38-mal heller als eine Kerze. Reine Holzstöcke bzw. Rutenbündel ohne Textilumwickelung verbrennen besonders schnell. Effektiver sind Holzstöcke, um deren oberes Ende mit Pech getränktes Seil gewickelt ist. Topffackeln mit Leinendocht und Pechfüllung geben ebenfalls gutes Licht.

Es gab zahlreiche Arten von Fackeln.
Es gab zahlreiche Arten von Fackeln.

„Die Gassen waren hell erleuchtet von den Lämpchen und Fackeln, die sie an den Türen anbrachten, […].“ (Plutarch, vitae parallelae, Cicero [+ Demosthenes] 22, 5 f.)

In Vindobona gibt es keine Hinweise auf eine zentral organisierte Straßenbeleuchtung. Solche Beleuchtungssysteme sind nur für die großen Städte im Osten des römischen Reiches überliefert. Stattdessen brachten Hausbesitzer neben der Eingangstür ihres Wohnhauses oder Geschäftslokales Fackeln oder Hängelampen an. Wer abends allein auf den Straßen unterwegs war, nahm eine Fackel oder eine Laterne mit. Wohlhabenden Bürgern trugen Diener das Licht voran.

Fragmente einer Laterne aus Bronze wurden am Rennweg 44 und 57 gefunden.
Fragmente einer Laterne aus Bronze wurden am Rennweg 44 und 57 gefunden.

Licht im Haus

Die Einführung der Öllampe in unser Gebiet ist eine kulturelle Leistung der Römer. Im archäologischen Fundmaterial gilt sie als Gradmesser der Romanisierung. Vom Fortschritt in der Beleuchtungstechnik profitierten zunächst die höheren sozialen Schichten. Durch ihre Einbindung in den Verwaltungsapparat der Eroberer erhielten sie schon früh Zugang zum römischen Lebensstandard. Im Lauf der Zeit wurde die Öllampe zum Alltagsgegenstand für die breite Masse.

In Legionslager, canabae legionis und Zivilsiedlung wurden überwiegend Öllampen aus Ton verwendet. Der preisgünstigen Massenware stehen im archäologischen Fundmaterial aufwändige Einzelanfertigungen gegenüber. Beleuchtungsgerät aus Metall wird bei Ausgrabungen nur selten gefunden. Bis jetzt fehlen Hängelampen aus Metall oder Reste von Kandelabern im Fundmaterial aus Wien. Das kann Zufall sein, es lässt aber auch auf Vorlieben und Kaufkraft der Bevölkerung Vindobonas schließen.

„Und deshalb mag uns beim Arbeiten mit der Studierlampe in der Nacht die nächtliche Stille, das geschlossene Schlafgemach und die einzige Lichtquelle am besten geborgen halten.“ (Quintilian, institutio oratoria [Ausbildung des Redners] 10, 3, 25)

Die für die Beleuchtung von Innenräumen verwendeten Lampen oder Kerzen gaben annähernd gleich viel Licht.

Schalenartige Lampen mit Schwimmdocht erzeugen indirektes (nach oben gerichtetes) Licht.
Lampen mit Schnauze produzieren direktes (nach unten gerichtetes) Licht. Sie waren daher gute Leselampen. Bei dieser Lampenform lässt sich die Helligkeit regulieren, indem man die Dochtlänge variiert. Ein Grund mehr für ihren durchschlagenden Erfolg!
Kerzen aus Bienenwachs erzeugen diffuses (gleichmäßiges) Licht. Sie sind am besten geeignet für die Ausleuchtung von Räumen.

Offene Lampe, die auch mit Talg als Brennstoff gefüllt werden konnte.
Offene Lampe, die auch mit Talg als Brennstoff gefüllt werden konnte.
Geschlossene Lampe mit Schnauze
Geschlossene Lampe mit Schnauze

Licht diente auch als Statussymbol. Wieviel Licht sich jemand leisten konnte, hing von seinem Einkommen ab. Öl und Talg mussten regelmäßig eingekauft werden. Auch die Anschaffung der Lampen konnte beträchtliche Kosten verursachen. Teure Öllampen und Kandelaber aus Metall blieben reichen Bürgern vorbehalten. Für die ärmere Bevölkerung wurden preiswerte, in Serie hergestellte Lämpchen aus Ton angeboten.

Abendessen bei Lampenlicht

„Vieldochtige Lampe: Während ein ganzes Gelage ich mit meinen Flammen erleuchte, nennt man Eine mich nur, trag ich der Dochte auch noch so viel.“ (Martial, liber epigrammatae 14, 41)

Ein durchschnittliches römisches Esszimmer maß etwa 4 x 4 Meter. Die Wände waren meist bunt bemalt. Zur Einrichtung gehörten zwei bis drei Liegesofas, Sessel und Tische. Lampen wurden entweder auf Lampenständern abgestellt oder hingen an Kandelabern. Wissenschaftler haben die Lichtverhältnisse in einem derartigen Speisezimmer am Computer simuliert. Dazu stellten sie einen 1,5 m hohen Ständer mit einer Lampe zwischen zwei Liegen. Es zeigte sich, dass das Zimmer mithilfe dieser einen Lampe ausreichend beleuchtet werden kann. In unmittelbarer Nähe der Lampe betrug die Beleuchtungsstärke 5,4 lux. Auf Höhe der Liegen und darüber waren es nur noch 0,15 lux.
Wer beim Essen vorlas, ließ sich eine zusätzliche Lampe bringen. Für das Würfelspiel zwischen den Gängen konnte der Lampenständer als Unterlage benutzt werden.

Helligkeit im Vergleich
Die Beleuchtungsstärke, also das auf einer Fläche auftreffende Licht, wird in lux (lx) angegeben. Im Abstand von 2 m beträgt die Beleuchtungsstärke einer Kerze 0,25 lx, jene einer Glühbirne mit 100 Watt 27,5 lx.

Lichtwirkung
Wie Licht wahrgenommen wird, hängt von der Entfernung der Lichtquelle und den Farbtönen der Raumausstattung ab. Die Römer bevorzugten dunkle Farben für Wände und Fußböden.