Hausertüchtigungsmaßnahme im Universitätsgebäude

AutorInnen: Heike Krause, Michael Schulz | Stand: 9.10. 2020

Für die neue Teilstrecke der Linie U2 in Richtung Süden wird die bisherige Trassenführung zwischen den Stationen Schottentor und Rathaus abgeändert. Statische Sicherungsmaßnahmen von Häusern, die im Bereich des neuen Verlaufs liegen, sind daher im Vorfeld der Arbeiten erforderlich. Davon ist auch das Gebäude der Universität Wien betroffen, das nach Plänen von Heinrich Ferstel von 1873 bis 1884 anstelle des Exerzier- und Paradeplatzes auf dem einstigen Glacis errichtet wurde.

Errichtung der Fundamente der Universität auf dem einstigen Parade- und Exerzierplatz, Foto um 1873. Im Hintergrund sind das gerade erbaute Haus Ebendorferstraße 11 und rechts die Votivkirche zu sehen, Blickrichtung Nordwesten. (© Wien Museum)
Blick nach Norden vom Rathaus auf die Votivkirche, die Reichsratsstraße und auf das fertiggestellte Universitätsgebäude. Postkarte von 1906. (© Wien Museum)

Archäologisch-historische Voraussetzungen

Während dieser und späterer Bautätigkeiten wurden im nördlich anschließenden Park vor der Votivkirche römerzeitliche Bestattungen aufgedeckt.1 Eine Besonderheit stellte dabei etwa ein 1879 aufgefundener Sandsteinsarkophag2 dar. Dieser war Teil eines spätantiken Gräberfeldes, das im Zwickelbereich zwischen Limesstraße und der Ausfallstraße Richtung Legionsziegelei in Hernals angelegt war.3
Im Mittelalter gehörte dieses Areal zur Vorstadt vor dem Schottentor, die sich entlang dieser alten Verkehrswege entwickelte. Dort gab es bereits im 13. Jahrhundert Ziegelöfen und ein Nonnenkloster St. Maria Magdalena vor dem Schottentor, dessen Lage östlich der Währinger Straße, also nicht auf dem Areal der späteren Universität, vermutet wird. 1529 wurde das Kloster während der Ersten Belagerung durch die Osmanen zerstört und nicht wieder saniert. Nach der Belagerung wurde Wien zur Festung ausgebaut. Vor dem Festungsgraben entstand zur besseren Verteidigungsfähigkeit und Einsehbarkeit ein freies, unbebautes Schussfeld – das Glacis. Die bis dahin in diesem Bereich gelegenen Häuser, Höfe und Gärten mussten dafür aufgelassen werden. Dazu gehörte auch der Bauplatz der Universität. Nur tiefer reichende Objekte, wie Brunnen, Gruben oder Latrinen als Überreste der mittelalterlichen Nutzung, wären noch unterhalb des Kellers der Universität zu erwarten gewesen.
Um/nach 1700 wurden unter dem Glacis aus Ziegeln gemauerte, gewölbte und begehbare Gänge angelegt, die an der äußeren Grabenfuttermauer ihren Anfang nahmen, sich verzweigten und an deren Enden sich Kammern befanden. In ihnen konnten Sprengsätze deponiert werden, die im Ernstfall unter Belagerern gezündet werden sollten. Derartige Minengänge sind auch unter dem Universitätsgebäude zu erwarten, zumal diese bis ca. 6 m tief unter dem heutigen Niveau liegen könnten. Aus dem 18. Jahrhundert erhaltene Pläne des Minengangsystems verzeichnen jedenfalls solche Anlagen in diesem Bereich. Entdeckt werden konnte jedoch kein derartiges Objekt.

Bei Grabungen in der Weihburggasse (Wien 1) wurde ein Abschnitt eines unter Tage angelegten Minenganges aufgedeckt. Der Betonboden ist während der Errichtung des Hotels Marriott in den Gang gelangt. (Fotos: Stadtarchäologie Wien)

Ergebnisse der archäologischen Beobachtung

Die statischen Sicherungsmaßnahmen betrafen nur die Kellerzone an der Nordwest-Ecke des Universitätsgebäudes. Hier wurden die bestehenden Kellerböden entfernt und das darunterliegende Erdreich bis zu 2 m tief abgetragen. Dabei konnten keine archäologisch relevanten Strukturen und Schichten festgestellt werden. Abgesehen von Resten eines vermauerten, ins 19. Jahrhundert zu datierenden Ziegelkanals, zeigten sich im beobachteten Bereich nur lössige Schichten bzw. Flussschotterfächer.
Nach Abschluss der Verdichtungsarbeiten wurde im untersuchten Bereich eine neue Stahlbeton-Bodenplatte eingebracht.

Kellerraum der Universität Wien nach Einbringen der Bodenplatte, Blickrichtung Südosten. (Foto: Stadtarchäologie Wien)

Anmerkungen:

  1. Michaela Kronberger, Siedlungschronologische Forschungen zu den canabae legionis von Vindobona. Die Gräberfelder. Monografien der Stadtarchäologie Wien 1, Wien 2005, S. 82–87 Taf. 11.
  2. Friedrich Kenner, Neue römische Funde in Wien. In: Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der kunst- und historischen Denkmale. Neue Folge V. Jahrgang, 1879, S. 27–30.
  3. Zum römerzeitlichen Straßennetz in und um Vindobona siehe Michaela Kronberger/Martin Mosser, Die Straßen von Vindobona. In: Ingeborg Gaisbauer/Martin Mosser (Bearb.), Straßen und Plätze. Ein archäologisch-historischer Streifzug. Monografien der Stadtarchäologie Wien 7, Wien 2013, S. 107–155 . – Zur Legionsziegelei in Hernals siehe Martin Mosser, Zwei römische Ziegelöfen in Wien 17, Steinergasse 16/Geblergasse 47. In: Fundort Wien. Berichte zur Archäologie 16, 2013, S. 144–161 und Martin Mosser, Neues zur römischen Legionsziegelei in Hernals – Die Grabung Wien 17, Steinergasse 17. In: Fundort Wien. Berichte zur Archäologie 21, 2018, S. 166–181.