Datum: 29.08.2016 | Autor: I. Gaisbauer
Fundort: Wien 3, Rasumofskygasse | Zeitstellung: Mittelalter
Dass sich der Mensch wenigstens ebenso oft bemühte, Leben zu nehmen wie zu retten, und dass er dabei enorme Kunstfertigkeit aufwandte und grauenhaft effektiv war, ist auch für Archäologen, die sich nicht explizit mit Krieg und Waffenentwicklung beschäftigen (die Autorin ist solch eine schlachtfeldferne Forscherin!) eine deprimierende Tatsache. Folglich gibt es Momente, wo die rein wissenschaftliche Begeisterung über ein außergewöhnliches Fundstück mit persönlichem Ekel angesichts des Zerstörungspotentials dieses Stückes zu kämpfen hat. Ein solches Stück besonders düsteren Fundmaterials liegt nun vor und wiederum war es die Ausgrabung im 3. Bezirk in der Rasumofskygasse, wo neben dem ersten Fund eines Schröpfkopfes die erste mittelalterliche Granate Wiens gefunden wurde.
Auf den ersten Blick handelt es sich dabei um ein eher unspektakulär aussehendes Stück oxidierend gebrannter Irdenware mit zwei sehr seichten umlaufenden Rillen an der Außenseite. Generell betrachtet verändert sich die ebenso einfache wie zweckmäßige Form der Granate wenig mit den verstreichenden Jahrhunderten – hier haben wir übrigens eine Gemeinsamkeit zwischen Schröpfkopf und Granate. In der frühen Neuzeit werden Granaten dann gerne auch aus dickwandigem Glas hergestellt – die Splitter verstärkten bei diesen „Modellen“ noch die Zerstörungskraft. Was die Befüllung anbelangt, so gab es da verschiedene Möglichkeiten mit einer Bandbreite von ungelöschtem Kalk zu Öl, bis man schließlich auch Schwarzpulver zu Hilfe nahm. Selbstverständlich wurde die vorliegende Granate niemals verwendet bzw. nicht einmal befüllt.
Weiterführende Informationen: Grabung Rasumofskygasse