Bunter 7. Bezirk – Die Querung von zwei Fluss-Systemen im Pleistozän
Autorinnen: Sabine Grupe, Mandana Peresson, Kristina Adler-Wölfl | Stand: 23.6. 2022
Der Untergrund im 7. Wiener Gemeindebezirk, im Kreuzungsbereich Kirchengasse/Lindengasse, ist aktuell sichtbar! Hinter den Bauzäunen verbirgt sich die offene Baugrube für das künftig rund 35 Meter tief liegende neue Stationsbauwerk „Neubaugasse“, ein Umsteigeknoten zwischen der bestehenden Linie U3 und der in Errichtung befindlichen U2-Erweiterung Richtung Matzleinsdorfer Platz.

Die Vielfalt des oberflächennahen, geologischen Untergrundes im Kreuzungsbereich Kirchengasse/Lindengasse ist bereits seit 2019 beobachtbar. So entstanden im Zuge von Einbautenumlegungen und beim Anlegen von Brunnen und Bohrpfählen bunte Haufen von Bodenaushub mit auffälliger gelber, oranger, roter und rötlich brauner Färbung.

Der großflächige Aushub in der offenen Baugrube ist für die Geologie von besonderem Interesse. In enger Abstimmung mit den Wiener Linien und parallel zur archäologischen Begleitung durch die Stadtarchäologie Wien erfolgt daher eine geologische Beprobung des Untergrundes durch das Technische Büro für Geologie der WGM (Wiener Gewässermanagement GmbH) und durch die Abteilung Rohstoffgeologie der GBA (Geologische Bundesanstalt).

Pleistozäne Wienflusssedimente
Die oberflächennahen, bunten Lockersedimente sind Ablagerungen eines pleistozänen Wienflusses. Es sind sandige, schluffige Kiese mit einer Mächtigkeit von 3,5 bis 4,5 Meter. Sie spiegeln die große Vielfalt der Gesteine des Einzugsgebietes wider, den ostalpinen Festgesteinen, aus denen der Wienerwald besteht. Hauptsächlich handelt es sich um plattige, kantengerundete Sandsteinkomponenten, untergeordnet kommen auch zum Beispiel Tonmergel, Tonstein, Radiolarit, Kalk, Kalksandstein und Kalkmergel vor.
Im Kreuzungsbereich Kirchengasse/Lindengasse liegen sie bis ca. 6 Meter unter dem Straßenniveau. Eine erste Auswertung der Proben durch die Geologische Bundesanstalt (GBA) zeigt, dass die roten Sedimentsequenzen ihre Farbe durch das Eisenmineral Hämatit (Fe2O3, Eisenoxid), das in der Tonfraktion angereichert vorliegt, erhalten. Die Krusten der Kieskomponenten bestehen aus dem Eisenmineral Goethit (Fe3+O(OH), Eisenoxid).
Erst in der flächenhaften Untersuchung in der Baugrube ist die große lithologische Vielfalt der fluvialen Ablagerungen, ihr kleinräumiger Wechsel und die passagenweise starke Rotfärbung durch hämatithältigen Lehm erkennbar.

Pleistozäne Donausedimente
Unter den Ablagerungen eines pleistozänen Wienflusses, die von Westen, vom Wienerwald, in den 7. Bezirk transportiert wurden, liegen Sedimente einer pleistozänen Donau, die von Norden hierher gelangten. Die Donau war auch damals das dominante fluviale Regime. Es liefert hauptsächlich sandige, isometrische, gut gerundete, meist grau(braun)e Quarzschotter in einer Mächtigkeit von 4,5 bis 7 Meter. Zwischen beiden Kiesablagerungen gibt es im Kreuzungsbereich Kirchen-/Lindengasse eine geringmächtige Verzahnung der Schüttungen sowie eine Schicht aus lockerem Donau-Ausand (0,7 bis 3 Meter).
Die Ausandschicht liegt ca. 6 Meter unter Terrain. Die Sohle eines tiefen Kellers, der zur Vorgängerbebauung der heutigen Häuser Lindengasse 23 und 25 gehörte und in den Bereich unter der heutigen Fahrbahn hineinragte, liegt auf diesem Ausand.

Vertiefende Informationen über Aufschlüsse, Schichten, Tunnelverlauf und Keller können im Detailgebiet „Neubaugasse“ des entstehenden geologischen Untergrundmodells der WGM abgerufen werden.