Adresse: Fontanastraße 10, Wien 10
Anlass: Errichtung eines Neubaus | Grabungsjahr: 1994
Zeitstellung: Urgeschichte

Historischer Kontext

Im Liesingtal ließen sich aufgrund der fruchtbaren Böden und guten Wasserversorgung bereits in der Urgeschichte Menschen nieder. In den letzten Jahrzehnten konnten Siedlungsreste aus dem Endneolithikum, der Hallstatt– und der Latènezeit archäologisch untersucht werden.
Das 1994 im Vorfeld der Errichtung der Seniorenresidenz Am Kurpark untersuchte Areal galt als vielversprechend, da bereits 1977 in der Nähe der Trafostation eine Grube freigelegt worden war, die Keramik der Hallstattkultur enthielt.

Ergebnisse der archäologischen Dokumentation

Insgesamt wurden 21 Objekte freigelegt, wovon sich elf als rezente Baumsetzgruben (Obj. 1−5, 7−11, 16) erwiesen. Von sechs Gebäuden (Obj. 6, 12, 14, 15, 20, 21) einer Siedlung aus der Älteren Eisenzeit (Hallstattkultur, 800/750 bis 500/400 v. Chr.) waren nur die in den Boden eingetieften viereckigen Grundrisse erhalten geblieben. Ob sie einst zu Wohnhäusern oder Wirtschaftsbauten aus Holz gehört hatten, ließ sich nicht mehr feststellen. Es gab keinen Hinweis auf einen Brand, die Gebäude wurden offensichtlich ungefähr zur gleichen Zeit geräumt und aufgegeben. Die von ihnen verbliebenen Gruben dienten – genauso wie nahe gelegene kleine Lehmentnahmegruben (Obj. 17, 18, 19) – zur Abfallbeseitigung.

Plan der Ausgrabung 1994. Der grüne Punkt markiert die Lage der 1977 aufgedeckten Grube. (Plan: Stadtarchäologie Wien)
Der eingetiefte Grundriss eines Gebäudes (Obj. 6) aus der Älteren Eisenzeit wird von einer der rezenten Baumsetzgruben gestört. (Foto: Stadtarchäologie Wien/S. Strohschneider-Laue)

Die Bewohner der Siedlung waren Selbstversorger, sie betrieben Ackerbau und Viehzucht. Die Knochenfunde zeigen, dass vor allem Schafe, aber auch Rinder, Schweine und Ziegen gehalten wurden. Die Jagd spielte nur eine geringe Rolle, nachgewiesen sind Rothirsch, Feldhase und Birkhuhn. Die Liesing versorgte die Menschen mit Wasser, Flussmuscheln und vermutlich auch Fischen.

Die Keramik wurde im Dorf selbst hergestellt. Sie ist der Kalenderberg-Gruppe zuzuordnen. Im Fundmaterial überwiegen die Scherben von Schalen und Töpfen. Seltener sind prachtvolle Kegelhalsgefäße sowie feine Schüsseln und verzierte Schalen, die zum Trinkgeschirr zählten. Sie spiegeln den hohen Stellenwert wider, der den Trinksitten in der Hallstattkultur selbst im bäuerlichen Milieu beigemessen wurde.

Verzierte Schüssel, sog. Kalenderbergtopf und ein Miniaturgefäß. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Ch. Ranseder)

Spinnwirtel und Bruchstücke von Webgewichten aus Ton belegen die Herstellung von Textilien. Geweih und Knochen verarbeitete man zu einfachen Werkzeugen. Der einzige Fund aus Metall ist ein zu einem Werkzeug umgearbeiteter Nadelschaft.

Spinnwirtel. Das kleine Werkzeug aus Bronze eignet sich gut zur Verzierung von Keramik. (Fotos, Zeichnung: Stadtarchäologie Wien/Ch. Ranseder, H. Sedlmayer)

Datum: 21.03.2022 | Autorinnen: Ch. Ranseder, S. Czeika

Literatur (Auswahl)

⦁ Christine Ranseder, Eine Siedlung der Hallstattkultur in Wien 10, Oberlaa. Monografien der Stadtarchäologie Wien 2, Wien 2006. (PDF 16,7 MB)
⦁ Christine Ranseder, Ausgewählte hallstattzeitliche Keramik aus einer Fundbergung in Wien-Oberlaa. In: Fundort Wien. Berichte zur Archäologie 7, 2004, S. 54−81.
⦁ Christine Ranseder, Ein Werkzeug zur Verzierung hallstattzeitlicher Keramik. In: Fundort Wien. Berichte zur Archäologie 3, 2000, S. 148−156.