Stand: April 2020 | Autorin: Sylvia Sakl-Oberthaler

Die achtförmigen Lampen gehören zu den offenen Lampenformen ohne Deckplatte. Der Name beschreibt ihre Gesamtform: Der kreisrunde Behälter dieser Lampen verengt sich zur Schnauze hin stark, sodass sie von oben betrachtet einer Acht ähneln. Ihre Gestalt prädestinierte diese Beleuchtungskörper für den Betrieb mit Tiertalg. Die Form wurde von Karin Goethert anhand der zahlreichen Funde aus Augusta Treverorum 1 eingehend untersucht und in verschiedene Subtypen als Ergänzung zu der in Vindonissa von Siegfried Loeschcke eingeführten Formgruppe XI eingeteilt.2Diese Formen sind vorwiegend in den nordwestlichen Provinzen des römischen Reiches verbreitet.3Ihre Vorbilder waren metallene Lampen. Die frühesten Formvarianten sind scheibengedreht. Insgesamt hat der Typus eine Laufzeit von der Mitte des 1. bis in die 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts, in Augusta Treverorum gibt es ihn noch bis ans Ende des 2. Jahrhunderts. Die Stücke tragen teilweise Bodenmarken, die im Umfeld von Augusta Treverorum bekannte Produzentennamen nennen.4Auch in Köln ist eine Produktion solcher Lampen belegt5.

Aus Vindobona sind bisher vier– ihrer Machart nach sehr unterschiedliche – Fragmente bekannt. Alle weisen deutliche Gebrauchsspuren auf. Drei davon stammen aus der Zivilsiedlung, aus einem 1989-1990 in Wien 3, Rennweg 44 freigelegten Händler- und Handwerkerareal6, unmittelbar an der Limesstraße. Das vierte Fragment kam während der Ausgrabung am Michaelerplatz im Ersten Wiener Gemeindebezirk (canabae legionis) zutage.

LOESCHCKE XI B Ia7 (MV 38811/2)

Von der scheibengedrehten Lampe sind die Schnauzenspitze mit Bodenansatz und ein Tiegelsegment mit dem Ansatz eines angarnierten Bandhenkels erhalten. Der Ton dieser Lampe ist oxidierend gebrannt (gelbstichig), fein gemagert und ohne Überzug. Der Scherbentyp weist das Stück als mögliches lokales Produkt aus.8 Die Trierer Vergleichsstücke dieses Typus sind – im Gegensatz zur Wiener Lampe – alle reduzierend gebrannt. Das Fragment stammt aus dem oben genannten Bereich der Zivilsiedlung, konkret aus einem Fundensemble das vom Ende 1. bis ins 3.(4.) Jh. datiert (Details siehe Katalog).

LOESCHCKE XI B Ib/Ic? (MV 38001/1, MV 38392/1)9

Hier handelt es sich um zwei sehr kleine Schnauzenfragmente, die zu achtförmigen Lampen dieses Subtyps gehört haben können. Beide Fragmente sind oxidierend gebrannt, wenn auch unterschiedlich in ihrer Scherbenqualität,10 und weisen Merkmale einer formgepressten Lampe auf, wie es für die Variante Loeschcke XIB Ib/Ic typisch ist.11 Für eine eindeutige Bestimmung sind die Fragmente jedoch zu klein.

GOETHERT B IB2 (MV 21210/30742)

Die fragmentarisch erhaltene Lampe mit Standring wurde aus grauem, grob gemagertem Ton handgeformt. Sie gleicht den Trierer Stücken nur wenig. Ob sie einen Henkel besaß, ist aufgrund ihres fragmentarischen Zustandes nicht festzustellen. Da offensichtlich keine Schnauzenleiste vorhanden ist, entspricht das Stück formal dem Trierer Subtypus Loeschcke XI B I (Lampen mit Standring ohne Schnauzenleisten).12 Das Wiener Stück ist schichtdatiert: Es stammt aus der Holzbauphase (ca. 70–130/140 n. Chr.) der Metall verarbeitenden Werkstätten im Bereich der südwestlichen canabae legionis am heutigen Michaelerplatz.13

  1. Karin Goethert zählte im Jahre 1997 insgsamt 230 Lampen in den Sammlungen des Rheinischen Landesmuseums Trier.
  2. Loeschcke 1919, 300 ff. Goethert 1989, 30 (zu Loeschckes Einteilung); Goethert 1997, 124–130; Leibundgut 1977, 58 f.
  3. Goethert 1989, 40 (Auflistung der Parallelen); Leibundgut 1977, 58 f. Kat.-Nr. 981–987 Taf. 17, nennt sieben Exemplare aus der Schweiz (Vindonissa, Augusta Raurica, Genf/La Grange).
  4. Goethert 1997, 126. Dieselben Produzentennamen tauchen auch auf Firmalampen und Rundlampen Loeschcke VII aus lokaler Produktion auf.
  5. Höpken 2005, 150.
  6. Müller et al. 2018, 380 Fundtab. 8 FK27 s. v. Lampen (LA19). Detaillierte Angaben dazu hier im Katalogteil der „Lampen aus Vindobona“ MV 38811/2. Siehe Fundortregister GC: 199901.
  7. Die genaue Typbeschreibung bei Goethert 1989, 41 lautet „achtförmige Lampen mit Standring ohne Schnauzenleisten – Loeschcke Typus XI B I, Variante a: Lampen gedreht mit Bandhenkel“.
  8. Sakl-Oberthaler 2021.
  9. Zum Fundort siehe Fundortregister GC: 199901.
  10. MV 38001/1 ist bräunlich, grob gemagert und rauwandig, MV 38392/1 lässt sich hingegen als gelblich und feintonig mit Glättung beschreiben.
  11. Goethert 1989, 42 „b) Achtförmige Lampen, geformt, mit Bandhenkel“; 62 „c) Achtförmige Lampen, geformt, mit Formhenkel“; Goethert 1997, 124 „Loeschcke Typus XI B Ib“ sowie Abb. 72.
  12. Goethert 1989, 32 f.
  13. Sakl-Oberthaler 2003, 13 Abb. 9. Zum Fundort allgemein siehe Fundortregister GC: 199201.