Neues aus Neubau – Wo einst der Schottenhof stand

Autorinnen: Heike Krause, Nadine Geigenberger | Stand: 18.2. 2021

Wieder einmal waren Vorarbeiten für die Anlage der neuen U2-Linie Anlass für archäologische Arbeiten in Wien 7, Neubau. Diesmal ging es um eine Hausertüchtigungsmaßnahme im Keller des Hauses Kellermanngasse 3 – als Teil des Gebäudekomplexes Neustiftgasse 32–34/Kellermanngasse 1–3 –, unweit des bereits archäologisch sondierten Augustinplatzes. Da sich an dieser Stelle der mittelalterliche St. Ulrichs– bzw. Oberhof mit Wirtschaftsgebäuden und Gärten erstreckte, den 1629 das Schottenkloster erwarb, wurden mit Spannung Überreste älterer Gebäude erwartet.

Wien 7, Kellermanngasse 3. Bauarbeiten im südöstlichen Kellerraum, Blick nach Süden. (Foto: Stadtarchäologie Wien/ARDIG – Archäologischer Dienst GmbH)

Vom Schottenhof zur Schönfärberei

1683 soll der inzwischen Schottenhof genannte Komplex während der Osmanischen Belagerung abgebrannt und danach wiederaufgebaut worden sein.
Prägend für die südliche Baulinie des heutigen Gebäudeblocks war der Verlauf des Ottakringer Bachs, der von Nordwesten kommend einst Gartengründe durchfloss, im Bereich des sogenannten Platzels (heute Augustinplatz) aber zumindest seit der Barockzeit unterirdisch geführt wurde.

Der Schottenhof (Nr. 64) und der streckenweise noch oberirdisch fließende Ottakringer Bach. Ausschnitt aus dem Vogelschauplan von Joseph Daniel von Huber, aufgenommen 1769–1773, gedruckt 1778, Blick nach Westen. (© Wien Museum)

Ab 1788 wurden Gründe des Schottenhofs und sukzessive auch seine Gebäude versteigert. Es kam zu Neubauten auf den Gartenflächen und Umgestaltungen bestehender Häuser, aber auch zu Abbrüchen. Die Baulinie im Osten wurde durch die Anlage der Kellermanngasse (früher Schottenhofgasse) verändert.

Der bürgerliche Schönfärber Hermann Blumauer konnte drei entstandene Grundstücke in den 1820er Jahren wieder in einer Hand vereinen1. Zunächst hatte der Färbermeister Johann Georg Lasara das südliche, am Ottakringer Bach gelegene Gebäude erworben. Die Nähe zum Bach dürfte einen guten Produktionsstandort für eine Färberei dargestellt haben. Die k.k. Leinwand-Färberei seines Nachfolgers Hermann Blumauer war ein florierendes Geschäft, denn Blumauer war wohlhabend genug, um 1830 ein bemerkenswert großes, vierflügeliges, zur Kellermanngasse orientiertes Zinshaus im Stil des Spätklassizismus errichten zu lassen,2 das heute noch besteht und gerade frisch restauriert wurde. Carl Graf Vasquez bildete das Gebäude auf seiner Karte „K.K. Polizey Bezirk St. Ulrich“ aus den 1830er Jahren ab.

Links das seinerzeit neu erbaute Haus Kellermanngasse 3 in einem Ausschnitt aus dem Plan „K. K. Polizey Bezirk St. Ulrich“ von Carl Graf Vasquez, 1830er Jahre (© Wien Museum) und rechts das Haus in seinem heutigen Zustand, fotografiert im Februar 2021. (Foto: Stadtarchäologie Wien)

Ergebnisse der archäologischen Dokumentation

Bei den archäologisch begleiteten Abtiefungsarbeiten kamen an keiner Stelle Spuren von Gebäuden aus dem Mittelalter zutage. Jedoch fanden sich Reste von glasierten Bodenfliesen des 13./14. Jahrhunderts3 sowie spätmittelalterliches Baumaterial in Form von Ziegeln, die offenbar durch jüngere Bauarbeiten verlagert wurden und so in den Boden gelangten.
Es kamen aber auch abgebrochene Mauerzüge unter dem Kellerfußboden zum Vorschein, die zu den Mauern des heutigen Gebäudes nach Südosten verschwenkt waren. Sie bestanden aus Mischmauerwerk, das heißt sie enthielten neben Ziegeln auch Bruchsteine sowie wiederverwendetes Steinmaterial.

Links: Kellergang mit freigelegter Mauer des Schottenhofs. Rechts: Nahaufnahme des abgebrochenen Mauerwerks, Blick nach Norden. (Fotos: Stadtarchäologie Wien/ARDIG – Archäologischer Dienst GmbH)

Der Vergleich ihrer Lage und ihres Verlaufs mit historischem Kartenmaterial legt nahe, dass es sich bei der den Kellergang querenden Mauer um Reste der nördlichen Außenmauer des barocken Schottenhofs handeln dürfte. Die nördlich davon gelegenen Mauerzüge könnten aber auf spätere Bautätigkeiten, womöglich Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts zurückgehen, nachdem der Gartengrund versteigert worden war.

Der Plan von Joseph Anton Nagel 1780/1781 mit dem Schottenhof (Nr. 64) in Überlagerung mit der aktuellen Stadtkarte und den dokumentierten Mauerresten (grün). (Plan: Wien Kulturgut/ARDIG – Archäologischer Dienst GmbH)

Das heutige Haus ließ – wie wir wissen – Herr Blumauer errichten. Dafür wurden die bestehenden Gebäude an der Stelle abgebrochen. Deren Fundamentreste verblieben – klein aber fein – unterhalb des Kellerbodens bestehen, so dass sie wiederentdeckt werden konnten.

Anmerkungen:

  1. Adressen-Buch der Handlungs-Gremien und Fabriken der kaiserl. königl. Haupt- und Residenzstadt Wien dann mehrerer Provinzialstädte […], Wien 1825, S. 163 s. v. Leinwandfärbereyen (k. k. privil.): Die Konskriptionsnummern 59 und 60 entsprechen den Parzellen, die einst zum Schottenhof gehörten.
  2. Wir danken dem Hauseigentümer und Dr. Günther Buchinger für die Einsichtnahme in das unpublizierte Manuskript: Günther Buchinger, Bau- und Besitzergeschichte des Hauses Wien VII., Kellermanngasse 1-3 und seiner Vorgängerbauten, Wien 2018.
  3. Für die Interpretation und Datierung danken wir Ingeborg Gaisbauer, Stadtarchäologie Wien.