Adresse: Steinergasse 17, Wien 17
Anlass: Errichtung eines Neubaus | Grabungsjahr: 2017
Zeitstellung: Römerzeit, Mittelalter, Neuzeit

Historischer Kontext

Das Gebiet des heutigen Hernals gewann erstmals durch die römische Legionsziegelei an Bedeutung. Seit dem Mittelalter lag an der Als ein eigenständiges Dorf, das erst 1890/92 nach Wien eingemeindet wurde. Die Häuser folgten dem Verlauf des Alsbaches und der ehemaligen römischen Straße, das Ortszentrum befand sich beim heutigen Elterleinplatz. Hinter den Häusern lagen ausgedehnte Obstgärten und Ackerflächen, die nach und nach verbaut wurden.

Ergebnisse der archäologischen Dokumentation

Von besonderem Interesse im Anschluss an die 2012/13 in der Steinergasse 16–18 erfolgte Grabung waren die Überreste einer weiteren Trockenhalle der römischen Legionsziegelei. Darüber hinaus wurden neben Spuren der Nutzung des Areals im Spätmittelalter auch Nachweise der Bautätigkeit des späten 18. und 19. Jahrhunderts aufgedeckt.

Gesamtplan der Grabung Steinergasse 17, Wien 17. (Plan: Stadtarchäologie Wien/M. Mosser)
Römerzeit

Den Beginn der römerzeitlichen Nutzung des untersuchten Areals setzt ein Gräbchen mit Stangenlöchern eines Zaunes, der möglicherweise zwei Werkstattbereiche auf dem Ziegeleigelände trennte. Eine Ziegelbruchlage und der darüber folgende Gehhorizont enthielten ausschließlich Ziegel mit Stempeln der legio XIII gemina, die von 97/98 bis 101 n. Chr. in Vindobona stationiert war.

Die befestigte Ziegelbruchlage des ältesten Nutzungshorizontes. (Foto: Stadtarchäologie Wien)

Von der in der Folge errichteten Trockenhalle konnten auf einer Länge von 36 Meter der Umfassungsgraben und zwei parallel zu ihm verlaufende Pfostenreihen mit mindestens 12 Pfosten pro Reihe nachgewiesen werden. Eine Unterbrechung des Umfassungsgrabens und enger gesetzte Pfosten deuten einen Eingangsbereich an. Südlich der Trockenhalle befand sich in unmittelbarer Nähe ein Ziegelbrennofen, der 1975 am benachbarten Grundstück Steinergasse 15 aufgedeckt wurde.

Außerhalb der Trockenhalle bestand ein zweiter Nutzungshorizont aus dem planierten Abbruchmaterial benachbarter Ziegelbrennöfen, darunter Ziegel mit Stempeln der legio XIII gemina und der legio XIIII gemina Martia victrix. Damit liegt eine Errichtungszeit der Trockenhalle zu Beginn des 2. Jahrhunderts nahe.

Orthofoto des östlichen Grabungabschnittes mit Pfostenstellungen und Zugangsbereich zur Trockenhalle sowie den nördlich anschließenden Nutzungshorizonten und dem neuzeitlichen Brunnen. (Foto: Crazy Eye)

Es folgten Umbauten an der Trockenhalle, darunter ein neuer Eingang, sowie eine neuerliche Aufplanierung, in deren Gehhorizonten auch Radspuren römischer Wägen dokumentiert werden konnten. Die Datierung der Keramikfunde legt nahe, dass die Trockenhalle irgendwann in den ersten beiden Jahrzehnten des 3. Jahrhunderts durch einen Neubau ersetzt wurde. Spätestens ab der Mitte des 3. Jahrhunderts stellte die Ziegelei ihren Betrieb ein.

Radspuren in einem aschigen Gehhorizont. (Foto: Stadtarchäologie Wien)

Im Fundmaterial dominieren römische Ziegel aller Art, mit der höchsten Anzahl an Stempeln, die je auf Wiener Stadtgebiet gefunden wurden.

Stempel. Antefix mit Maskendarstellung. Ein Model belegt, dass auch Lampen in der Ziegelei hergestellt wurden. (Fotos: Stadtarchäologie Wien/T. Janek, M. Mosser)
Mittelalter

An drei Stellen der Grabungsfläche wiesen 1 Meter mächtige, hauptsächlich aus römischem Ziegelbruch bestehende Aufschüttungen, die mit Keramik des 14./15. Jahrhunderts durchsetzt waren, auf eine Planierung und Nutzung des Geländes im Spätmittelalter hin. Hinzu kamen eine Grube mit Keramik aus dem 13. und 15. Jahrhundert sowie eine aufgrund ihrer stratigraphischen Lage spätmittelalterlich zu datierende Feuerstelle.

Orthofoto des Südprofils im Nordosten der Grabung mit mächtiger Ziegelschuttlage. (Foto: Crazy Eye)
Neuzeit

Nach 1780 wurde aus der einstigen Ackerfläche am Rand der Ortschaft Hernals Bauland und in der Folge spätestens 1819 ein Haus errichtet. Diesem ältesten Gebäude dürften straßenseitig ausgerichtete Mauern aus großen Sandsteinblöcken und wenigen Ziegeln zuzurechnen sein. 1864 erhielt das Haus an seiner Rückseite einen erbenerdigen Zubau. Dessen Mauern bestanden ebenfalls aus Mischmauerwerk, wiesen jedoch einen höheren Anteil an Ziegeln und Spolien weißer Stuckarchitektur auf. Weitere Spuren des 19. Jahrhunderts waren ein aus Ziegeln gemauerter Brunnen, Schächte, Gruben sowie Kalkgruben.

Mischmauerwerk des ältesten Gebäudes entlang der Steinergasse mit westlich anschließender humoser Lehmschicht als Überrest der Ackerflächen des 18. Jahrhunderts. (Foto: Stadtarchäologie Wien)

Datum: 06.10.2021 | AutorIn: M. Mosser, Ch. Ranseder

Literatur (Auswahl)