Stand: April 2020 | Autorin: Sylvia Sakl-Oberthaler

Mit insgesamt vierundzwanzig Lampen gehört diese Form in Vindobona zu den häufigen. (Tabelle Tiegellampen Loeschcke XIII)

Diese Typgruppe ist Teil der offenen Lampenformen und unterscheidet sich von den klassischen kaiserzeitlichen Lampen auch dadurch, dass so gut wie alle Varianten auf der Drehscheibe und nicht aus Modeln hergestellt wurden. Die Gesamtform, bestehend aus einem tiegelartigen, scheibengedrehten Ölbehälter mit einem handgeformten, gelochten Griff, ist auch für den Betrieb mit Talg gut geeignet und wurde möglicherweise eigens dafür produziert. Die Form an sich ist weit verbreitet, ohne dass man sie als Massenprodukt (wie die Firmalampen oder die Bildlampen Loeschcke Typus VIII) bezeichnen könnte.1 Der Typ entstand noch im 1. Jahrhundert (2. Hälfte) und wurde etwa bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts hergestellt.2 Produktionszentren sind z. B. in Augusta Treverorum nachgewiesen.3 Karin Goethert verfeinerte die bereits von Loeschcke getroffene Unterteilung seines Typus XIII4 und passte sie an das Fundmaterial aus Augusta Treverorum an, indem sie sieben – chronologisch aufeinanderfolgende – Subtypen (a–g) einführte.5

Auch in der Provinz Pannonien ist diese Lampenform verbreitet, jedoch nicht sehr häufig vertreten.6 Aus Lauriacum am norischen Limes sind ebenfalls mehrere Exemplare bekannt.7

Die Fundlampen aus Vindobona können – mit einiger Sicherheit – vier der oben erwähnten Trierer Varianten des Grundtypus zugewiesen werden. Einige Fragmente erwiesen sich als zu stark fragmentiert, um sie einem Subtypus zuteilen zu können. Zu beachten ist hier nach Meinung der Verfasserin auch, dass bei scheibengedrehter Keramik jedes einzelne Stück gewissermaßen ein Unikat ist und formale Abweichungen von einem postulierten Grundtyp daher größer sein können als bei modelgeformter Ware.8

Zur Fundsituation der Tiegellampen ist zu bemerken, dass bisher nur wenige schichtdatierte Exemplare vorliegen. Die Details zur Fundsituation finden sich unten bei der Beschreibung der Lampen der einzelnen Subtypen. 

LOESCHCKE XIII a (MV 497, MV 21210/20322, MV 38484/1)

Die Laufzeit dieses Subtypus setzt Karin Goethert in Augusta Treverorum vorwiegend in das 2. Jahrhundert (auch bis Ende 2. Jh.).9 Das Hauptmerkmal dieser Form ist die beutelförmige Gestalt des Tiegels.10

Die vollständig erhaltene Lampe MV 497 kam im Ersten Wiener Gemeindebezirk, in der Wipplingerstraße 25, bei der Demolierung des Hausaltbestandes in einem Umfeld von Siedlungsspuren (Mauern mit turmartigen Strukturen und ein Brunnen) zutage. Auch diese Lampe ist unstratifiziert, ihr Fundort liegt in den canabae legionis nördlich des Legionslagers.

Das Tiegelfragment MV 21210/20322 fällt formal durch seinen Standring etwas aus dem Rahmen. Es stammt ebenfalls aus den canabae legionis – vom heutigen Michaelerplatz – und ist im Übrigen der einzige Vertreter des Typus Loeschcke XIII mit einer Schichtdatierung (Wohnbauten/Steinbauphase 1.1: 200–280/300 n. Chr.).

Das Bodenfragment MV 38484/1 war Bestandteil einer Grubenverfüllung im Bereich einer Händler-und Handwerkerzone in der Zivilsiedlung (Wien 3, Rennweg 44).11 Bemerkenswert ist bei diesem Stück, dass sein Scherbentyp12 es als ein lokales Produkt ausweist.

LOESCHCKE XIII b (MV 2227, MV 35535, MV 35668, MV 8572, MV 21210/33098, MV 21210/8824, MV 34689, MV 21210/33118, MV 43308/3, MV 40364/3)

Für Subtyp XIII b, der in Trier ans Ende des 1. bzw. in die 1. Hälfte 2. Jahrhunderts datiert wird, ist ein bikonischer Tiegel charakteristisch, der mit seiner Ausbauchung unterhalb der Mitte als sackförmig bezeichnet werden kann. Diese Form ist in Vindobona mit neun Lampen die am häufigsten vertretene.

MV 8572 kam 1907 bei einer Fundbergung im Bereich des Legionslagers, genauer gesagt in der retentura, östlich der via decumana, in unmittelbarer Umgebung der Kasernen der 1. Kohorte an der heutigen Adresse Brandstätte 10/Tuchlauben (Wien 1) zutage.

MV 2227 ist ebenfalls nicht stratifiziert, das Stück wurde 1913 im 1. Bezirk zwar auf dem Gebiet der canabae legionis südlich des Legionslagers aufgefunden, jedoch in einer Befundsituation von Siedlungs- und Grabbefunden, die vermischt dokumentiert wurden.13 Die Fundstelle befindet sich im Umfeld eines Handwerksviertels mit mehreren Töpferöfen. Ab der Mitte des 3. Jahrhunderts wurde die Siedlung aufgelassen und man nutzte das Areal für Bestattungen. In diesem Bereich wurde 1913 beim Abriss mehrerer Gebäude überaus zahlreiches Fundmaterial geborgen. Die Zusammensetzung der Terra Sigillata in den betreffenden Fundkomplexen indiziert einen Schwerpunkt im 3. Jahrhundert n. Chr.

MV 34689 wurde in der Zivilsiedlung aus einem Siedlungsbefund in Wien 3, Kleistgasse geborgen.14

Das Fragment MV 40364/3 wurde 2005 ebenfalls im Randbereich der Zivilsiedlung (Wien 3, Klimschgasse 40) in der Planierung eines Spitzgrabens, der zur Befestigungsanlage gehörte, aufgefunden.

Die restlichen Lampen dieses Subtypus stammen aus jüngeren Ausgrabungen im Bereich der canabae legionis (1990/1991 am Michaelerplatz und 1987 auf der Freyung bzw. 1992 im benachbarten Palais Harrach).15

Ein unstratifiziertes Tiegelfragment MV 21210/33118 vom Michaelerplatz wurde offenbar für eine Aufhängungsvorrichtung oder auch für eine sekundäre Verwendung zugerichtet, indem man den Boden mit vier kleinen, kreisrunden Lochungen versah. 

LOESCHCKE XIII c (MV 1105, MV 92047/350)

Auch die Formvariante Loeschcke XIII c, deren Entstehung in Augusta Treverorum – aufgrund ihrer formalen Ähnlichkeit mit Gruppe b – ebenfalls im 2. Jahrhundert angenommen wird16, hat einen bikonischen Tiegel, dessen Maximaldurchmesser besonders tief liegt. Bei den Vindobonenser Lampen war eine Unterscheidung der Subtypen b und c meist nicht möglich. Nur zwei Stücke konnten sicher zugewiesen werden.

Eines der Fragmente stammt aus der römischen Zivilsiedlung (Wien 3, Obere Bahngasse 12–14/Hohlweggasse 1–3), aus einem Befund, bei dem nicht zu klären ist, ob es sich um einen Grabbefund oder um Siedlungsspuren handelte.17 MV 92047/350 wurde 2010 ebenfalls in der Zivilsiedlung (Wien 3, Rennweg 93a) im Zusammenhang mit Siedlungsspuren in einer römischen Grubenverfüllung (mit Fundmaterial aus dem 1. Drittel bis Mitte 2. Jh.) entdeckt.

LOESCHCKE XIII g (MV 8573, MV 8574, MV 49264)

Dieser Subtyp hebt sich durch seinen flachen linsenförmigen Behälter ohne Wandknick deutlich von allen anderen ab. Für diese Form ist in Augusta Treverorum eine Produktion belegt18, die Terra-Sigillata-Lampen herstellte. Dort kommen auch Lampen mit schwarzem bzw. ohne Überzug vor. Dieser Subtypus ist die chronologisch späteste Variante der Tiegellämpchen. Ihre Anfänge liegen im 2. Jahrhundert.19 Die linsenförmigen Terra-Sigillata-Tiegellampen aus Augusta Treverorum wurden um die Mitte des 3. Jahrhunderts produziert.20 Die Wiener Funde entsprechen diesen zwar formal, weisen aber keinen Überzug auf. MV 8.574 gleicht dem Typ überhaupt nur annähernd.

MV 8573 entstammt demselben Befund in der Zivilsiedlung wie MV 1105 (siehe Anm. 17). MV 8574 wurde 1951 anlässlich einer Kanalgrabung im römischen Legionslager (praetentura, westlich der via praetoria/Bereich valetudinarium/thermae), in der heutigen Salvatorgasse (Wien 1) entdeckt.21 Auch ein weiteres – formal dem soeben besprochenen Stück ähnliches – Fragment MV 49264 stammt aus dem Legionslager (westliche retentura, Bereich des vallum/intervallum).

Loeschcke XIII – genauere Bestimmung unmöglich (MV 38251/25, MV 21210/25638, MV 43545/1, MV 43557/8, MV 70348/350, MV 106537/47)

Bei fünf Lampenfragmenten war aufgrund ihres Fragmentierungsgrades eine genauere Bestimmung als die ihrer Zugehörigkeit zum Typus Loeschcke XIII nicht möglich.

Sie stammen aus den bereits oben erwähnten Ausgrabungen am Michaelerplatz, im Palais Harrach auf der Freyung (beide canabae legionis)22 sowie am Rennweg 44 und in der Schützengasse 24/Rennweg 5723 in der Zivilsiedlung von Vindobona.

Ein sechstes, 2015 ausgegrabenes Fragment  (MV 106537/47) aus der Zivilsiedlung (3, Rennweg 73) repräsentiert eine bisher in Vindobona nicht dokumentierte Form, die auch wenig Ähnlichkeit mit den Trierer Tiegellampentypen aufweist. Das Randfragment lässt sich zu einem konischen Tiegel mit eingezogenem Rand und randständigem Grifflappen mit vertikaler Lochung rekonstruieren. Das Stück stammt aus einer Grubenverfüllung die sich zwischen Ende des 1. und der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts datieren lässt.

  1. Leibundgut 1977, 58 Typ 2 Taf. 17 nennt z. B. vier Exemplare (Genf, Schleitheim); Goethert-Polaschek 1987, 167 f. mit Zusammenstellung von Fundorten von Tiegellampen. – Aventicum: Tille 2003, 8: ein Exemplar (36 Kat.-Nr. 263 Pl. 24; Fundkontext: 50–250 n. Chr.), dagegen sind unter den offenen Lampenformen dort 120 Stück Loeschcke XII sowie zahlreiche Tüllenlampen Loeschcke XIV vorhanden.
  2. Goethert-Polaschek 1987.
  3. Goethert 1997, 148; sie erwähnt außerdem 70 Exemplare in der Trierer Sammlung.
  4. Loeschcke 1919, 305–312.
  5. Goethert-Polaschek 1987, 164–168 zur Typologie, Datierung und Verbreitung.
  6. Iványi 1935, 20 Typ XX 288 (Kat.-Nr. 4099–4119) erwähnt im Übrigen zusätzlich einige 1967 bereits verschollene Stücke aus Vindobona: Kat.-Nr. 4099 Taf. LVI 2 (Wien 3, Obere Bahngasse) und Kat.-Nr. 4104 bzw. 4105; dazu kommen mehrere Beispiele aus Ptuj, je zwei aus Osijek und Sisak sowie Einzelstücke aus Aquincum und Györ ; einige Beispiele auch in der Provinz Dacia Porolissensis: Aurel 2005, Pl. 30 Kat.-Nr. 416 (Casei); 1418 (Porolissum); Alicu 1994, Kat.-Nr. 1077 fig. 9. Aus Carnuntum wurde bisher kein vergleichbares Stück publiziert, ebenso wenig aus Intercisa (Úljaki Pongrácz 2006) oder aus Gerulata (Frecer 2015).
  7. Deringer 1965, 63 erwähnt sieben Stück aus der Ennser Siedlungsgrabung, alle unstratifiziert.
  8. Auch Goethert-Polaschek 1987, 163 weist auf diese Problematik hin: „Die Trierer Fundlampen lassen sich kaum in dieses (von Loeschcke aufgestellte) Schema einpassen. […] So ist im folgenden versucht, formähnliche Stücke zu Gruppen zusammenzufassen.“
  9. Goethert-Polaschek 1987, 164.
  10. Goethert-Polaschek 1987, 164; Goethert 1997, 148.
  11. Zum Fundort siehe Fundortregister GC: 199001, zum Fundkontext den Katalogteil (MV 38484/1). Es handelt sich um einen gestörten Befund mit folgerichtig unsicherer Funddatierung.
  12. Der Scherbentyp wurde durch Rita Chinelli im Rahmen der allgemeinen Keramikauswertung der Grabung Wien 3, Rennweg 44 erstellt.
  13. Siehe Krinzinger 2005, 207 f. s. v. Wien 1, Spiegelgasse 17/Plankengasse 4(M. Kronberger); Kronberger 2005, 41–43 (Gräberregion A, Neuer Markt) Taf. 1 und 2.
  14. GC: 197506; dort wurden bei Künettengrabungen Siedlungsbefunde (mit Hinweis auf handwerkliche Tätigkeiten) dokumentiert: Brunnen, Gruben, Teile einer Ofenanlage. Das Stück ist unstratifiziert.
  15. Siehe im Fundortregister GC: 199201, 198702 und 199202.
  16. Goethert-Polaschek 1987, 165.
  17. GC: 190526 (siehe Katalogteil); dokumentiert wurden mehrere Gruben, verschiedene Funde u. a. Dachziegel, Terra Sigillata, eine Gesichtsurne sowie ein menschliches Skelett.
  18. Goethert 1997, 151.
  19. Goethert-Polaschek 1987, 167 nennt Beispiele aus den Kastellen Wiesbaden und Heddernheim.
  20. Goethert-Polaschek 1987, 166 f., die erwähnten Lampen wurden neben einem Terra-Sigillata-Brennofen entdeckt und sind durch Beifunde datiert.
  21. 195101, siehe Katalogteil; Neumann 1951, 42 f.; Neumann 1965.
  22. Siehe Fundortregister GC: 199201 und 199202.
  23. Siehe Fundortregister GC: 199001 und 200501.