Autorin: Constance Litschauer
Dieses Mal soll der Lageraufbau im Fokus stehen, der am Ende des 1. nachchristlichen Jahrhunderts von der 13. und 14. Legion begonnen wurde. Wer stellte den Standort fertig? Wurde er überhaupt jemals wirklich vollendet, oder gab es Veränderungen? Und schließlich fehlt noch die Identifizierung und Lokalisierung der meist durch Straßen oder Wege voneinander getrennten Gebäude.
Richtig vermutet: ein letzter Wechsel der Legionen Vindobonas steht noch aus. Er erfolgte nach dem Ende der Dakerkriege und der Teilung der Provinz Pannonien am Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. Damit wurde Vindobona Teil von Pannonia Superior, das von Carnuntum verwaltet wurde. Die ebenfalls erfolgte Verlegung der legio XIIII gemina in die Provinzhauptstadt kann dabei für sie durchaus als Aufstieg gewertet werden. Für Ersatz am örtlichen Stützpunkt sorgte hingegen die vermutlich am Beginn der Partherkriege im Jahr 114 n. Chr. aus Aquincum abgezogene und dauerhaft vor Ort stationierte legio X gemina. Ihr sind die Konsolidierung und der weitere Ausbau des Truppenstandortes zu verdanken, der gleich mit Umbauten in der weiterhin zumeist üblichen Holz-Lehm-Bauweise startete.
Damit geht es zum Aufbau des ursprünglich rechteckigen und rund 22,5 ha großen Lagers sowie zum Startpunkt des Lagerbaus für die Unterbringung der bis zu 6000 Mann starken Legion: der bereits zuletzt vorgestellten groma.
Wie es sich gehört, schlossen an den zentralen Torbau die wichtigsten Gebäude an, was zuerst zu den principia (2.1) führt. Die Bedeutung des im Bereich Judenplatz und Tuchlauben lokalisierbaren und ca. 87 x 100 m großen Verwaltungs- und Kommandogebäudes belegen hier die stets in Steinbauweise ausgeführten Fundamente. Schließlich waren ein Hallenbau für Versammlungen und ein gepflasterter Innenhof (forum) – Reste davon sind aus der Tuchlauben bekannt – untergebracht sowie das Fahnenheiligtum (aedes) und die Kasse der Einheit (aerarium). Als befehlshabender Kommandant wichtig und daher westlich angrenzend im praetorium (2.2) beheimatet war der Legionslegat. An sein ca. 50 x 76 m messendes Heim erinnern dicke Mauern mit Estrichböden in der Kurrentgasse genauso wie Wandmalereireste vom Judenplatz. Aber auch den hohen Stellenwert der 1. Cohorte erkennt man an der Lage ihrer Kasernen und deren Bauweise. Die östlich an die principia anschließenden und am Wildpretmarkt archäologisch belegten Bauten (2.6) verfügten über Steinfundamente in Form von Gussmauern. Entlang der gegenüberliegenden nördlichen Seite der via principalis und damit teilweise unter dem Römermuseum waren die sechs Tribunenhäuser (2.3) zu erreichen, die scamnum tribunorum. Dass der tribunus laticlavius, der Militärtribun, vermutlich im östlichsten dieser Gebäude untergebracht war, legen neben den Ausmaßen von 3500 m² auch hochwertige Mauerreste unter dem Hohen Markt nahe sowie entsprechende Fußböden wie Terrazzo und Feuerstellen.
Am dahinter liegenden Areal begann man sich schließlich verstärkt um seine Soldaten zu sorgen und richtete das valetudinarium (2.5) sowie die thermae (2.4) ein. Während das Lazarett im Bereich Salvatorgasse und Altem Rathaus in der Wipplingerstraße aufgrund von Mauerfunden und einem den Heilsgöttern Aesculap und Sirona bzw. Jupiter und Apollo gewidmeten Altar angenommen werden kann, verweisen massive Mauer- und Estrichbodenreste sowie Relikte von hypokaustierten Räumen, Apsiden und Wasserbecken auf eine Thermenanlage im Bereich Marc Aurel-Straße und Sterngasse in Richtung Hoher Markt. Auch hier hatten wir zuletzt die Möglichkeit, bei einer Gasrohrauswechslung entsprechende Befunde innerhalb der Künette aufzunehmen.
Und damit nähert man sich schließlich den Kasernen für je 80 bis 100 Legionssoldaten, die die meisten Baulücken bis zur Umfassungsmauer ausfüllten. Der Kopfbau war dabei als Zuhause des die Einheit befehlenden Centurios erweitert und ebenfalls hochwertig mit Wandmalereien ausgestattet, was Funde in einer Künette in der Bognergasse nahelegen. Daran schlossen die jeweils ca. 30 bis 35 m² großen und aneinander gereihten Wohneinheiten oder contubernia (2.7, 2.9, 2.10) für bis zu acht Mann an, die über einen kleinen Vorraum (arma – ja, hier wurden im Normalfall auch die Waffen gelagert) und den Hauptraum (papilio) verfügten. Reste solcher Unterkünfte kennen wir beispielsweise vom Judenplatz, wo die Cohortes quingenariae – eine Infanteriekohorte mit 500 Soldaten ohne das römische Bürgerrecht – untergebracht waren. Die dort und beispielsweise bei den Grabungen „Am Hof“ aufgedeckten Unterkünfte zeigten, dass die 10. Legion bei ihren Umbaumaßnahmen die auf die Holz-Lehm-Bauweise der Frühphase zurückgehenden Fundamentgräbchen für ihre neu errichteten Fachwerk- und Lehmziegelmauern weiter nutzte. Außerdem ergänzten Zubauten mit Feuerstellen und Kellergruben die Barracken.
Neben der im Bereich Maria-am-Gestade anzunehmenden Hafenanlage und den noch nicht im Wiener Legionslagerareal nachgewiesenen Speichergebäuden, den horrea, sind aus dem Lagerinneren zuletzt die Legionseigenen Werkstätten zu erwähnen. In den von den Grabungen „Am Hof“ bekannten fabricae (2.8) konnten eine Malerwerkstätte und Öfen zur Metallverarbeitung nachgewiesen werden. Und auch hier kamen von Beginn an Steinfundamente zum Einsatz – allerdings wohl weniger wegen deren Bedeutung, sondern vielmehr um die Feuergefahr einzudämmen.
Und somit ist die Lagerfläche auch schon ausgefüllt. Sie wird abschließend von der militärstrategisch wichtigen und natürlich auch imposant auf Fremde wirkenden Befestigung begrenzt, die am Plan durch die Nummer 11 im Bereich eines der Lagertore gekennzeichnet ist. Sie spielte nicht nur von Beginn an eine wichtige Rolle, sondern vor allem auch in der Spätantike. Mehr dazu aber im nächsten Legionslagerblog!