Autorin: Ingeborg Gaisbauer
Frei nach Franz Grillparzers „König Ottokar“ − „Noch mehr der Kronen?“ − und umgelegt auf stadtarchäologische Belange: „Noch mehr der Toten!“
Gerade erst wurden wir mit Teilen des (früh)hochmittelalterlichen Friedhofs von St. Peter konfrontiert, da stellt der Michaelerplatz einiges an „Totenackerernte“ in Aussicht!
Wie bei allen archäologischen Arbeiten im verbauten Gebiet muss – auch wenn es eigentlich selbstverständlich sein sollte – vorausgeschickt werden, dass man diesen Sommer natürlich nicht auf Grund der wissenschaftlichen Begeisterung anfängt, den mittelalterlichen Friedhof der Kirche St. Michael auszugraben, sondern – unvermeidlich und wie das Amen im Gebet – lediglich den Baumaßnahmen folgt und dokumentiert, was ohnehin ans Tageslicht gebracht und zerstört werden würde.
Ging es im Juni um die Stromleitungen der Wiener Netze, wird sich im Juli alles um die Wasserleitungen drehen. Während der ersten Arbeiten hat sich schon verlagertes Knochenmaterial gezeigt, aber auch Skelette „in situ“ – also noch in der Lage der originalen Bestattungssituation, wenn auch zumeist nicht ganz ungestört.
Der mittelalterliche Friedhof von St. Michael
St. Michael wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gegründet, in diesem Zuge wohl auch der Friedhof angelegt und 1310 erweitert. Der „Freithof“ reichte deutlich in den Bereich des heutigen Michaelerplatzes hinein und war, von einer Mauer umgeben, durch mehrere Tore betretbar. Ein Karner wird zwischen 1428 und 1511 erwähnt.
Die Räumung und Pflasterung des Friedhofs wurde 1510 von Maximilian I. angeordnet, allerdings kam es zur Zeit der Ersten Osmanischen Belagerung noch einmal zu Bestattungen, eine Nutzung des Areals, der von Ferdinand I. 1530 wieder ein Riegel vorgeschoben wurde. In der Folge diente der neugewonnene Platz zur Marktabhaltung und entlang der Hauptfront der Kirche errichtete man Kramläden, die auch auf Bonifaz Wolmuets Stadtplan aus dem Jahr 1547 zu erkennen sind.
Zu den Bestattungen selbst lässt sich bislang noch nicht sehr viel sagen. Sie sind in groben Zügen Ost-West (bzw. West-Ost, wenn der Kopf im Westen liegt) orientiert, liegen auf dem Rücken und die Arme sind soweit erhalten vor der Brust gekreuzt. Trachtbestandteile bzw. Schmuck wurde bislang nicht gefunden, man wird sehen, was bei den weiteren Arbeiten noch alles zu Tage kommt. Die anthropologische Auswertung ist natürlich auch erst in Arbeit – wir werden Sie auf dem Laufenden halten.