Autorin: Ingrid Mader
Vor einigen Wochen wurde hier ein kleines, aber feines Büchlein zum Thema „Das Gusshaus auf der Wieden“ vorgestellt. Wie der geneigte Leser erfahren konnte, behauste das Grundstück (heute: 4, Gusshausstraße 25) über die Jahrhunderte ein Gusshaus (Grundsteinlegung 1763), die k. k. Kunsterzgießerei (eingerichtet 1861), das Atelier und Wohnhaus von Hans Makart (nach Wien berufen 1869), einen Teil des Elektrotechnischen Instituts (ab 1900 und 1929) und den Bauhof der Technischen Universität. Die verbliebene Bausubstanz wird gegenwärtig in einen Neubau für Mikro- und Nanostrukturen integriert. Nachdem die unterschiedlichen Nutzungen auch unterschiedliche Räumlichkeiten benötigten, wurde immer wieder umgebaut und adaptiert. Das hat sich natürlich nicht nur in den Befunden niedergeschlagen sondern auch in den Funden.
Also, sei an dieser Stelle ein kurzer Überblick über einige Fundgattungen gegeben.
Zuerst jene, die mit den Vorgängen des Gießens zu tun haben: die Gusstiegel.
Die Funde sind zahlenmäßig am häufigsten vertreten. Die Größen variieren von ca. 10 Zentimeter Höhe bis 23 cm mit entsprechendem Randdurchmesser bis 28 cm. Nachdem die Gefäße großer Hitze ausgesetzt waren, musste das Material einiges aushalten. Wie erreichte man das? Indem man Zusatzstoffe dem Ton beimengte, die dieses Ergebnis gewährleisteten, zum Beispiel Grafit. Mancherorts erreichte man eine besondere Fertigkeit in diesen Belangen. Da wäre für diesen Zeitraum (18. und 19. Jahrhundert) vor allem Obernzell (Bayern) zu nennen. Vielerorts konnten Produkte aus dieser Region identifiziert werden. So auch im Gusshaus auf der Wieden und nicht nur das. Und damit kommen wir zu einer weiteren Fundgattung: die Ziegel.
Ein grafithältiger Ziegel mit der vertieften Hafnermarke „PS“ und sogenanntem 4er-Kreuz war ein Importstück aus Bayern. Glücklicherweise konnten die Buchstaben aufgelöst werden, sodass der Hafnermeister, der hinter dem Produkt steht, Gestalt annimmt. Es war (vermutlich) Philipp Stallmayer, seines Zeichens Hafnermeister im 18. Jahrhundert, in eben diesem Obernzell an der Donau. Obwohl dieser Ziegel in keinem Fundzusammenhang mit einem Ofen aufgefunden wurde, kann man davon ausgehen, dass er mit der Entstehungszeit der Öfen im Barock zu verbinden ist.
Die Importtradition aus Obernzell wurde anscheinend weiter gepflegt, wovon ein weiteres Hafnereiprodukt aus dem 19. Jahrhundert Zeugnis ablegt. Aber auch örtliche Ziegeleien wurden beschäftigt. Hierfür eigneten sich die mehrfach nachgewiesenen Ziegeleien im Umkreis; in Reinprechtsdorf und Umkreis Rainergasse /Johann-Strauss-Gasse (heute 4. und 5. Gemeindebezirk). Ebenfalls aus der Entstehungszeit der barocken Gussöfen stammen Ziegel, die mit dem erhabenen Zeichen „LR“ versehen sind. Die Initialen sind vermutlich mit Lorenz Rath aufzulösen. Von der Sorte sind einige erhalten geblieben, denn das Material wurde in späterer Zeit in Zweitverwendung wieder verbaut. So kann man Baukosten sparen!
Aus der Nutzungszeit als k. k. Kunsterzgießerei stammt die Gipsform für einen Fuß. Gerüchteweise ca. Schuhgröße 38. Wer macht sich auf die Suche die zugehörige Statue zu finden? Vermutlich eine Aufgabe, die einen jahrelang beschäftigen könnte, haben doch viele namhafte Meister (Fernkorn, Röhlich, Pönninger, Zumbusch u. a) in den Räumlichkeiten gewerkt. Ihre Kunstwerke fanden in der Monarchie guten Absatz. In gleicher Weise verhält es sich mit der Gipsform für einen Pferdehuf.
Falls Sie noch eine Sommerlektüre brauchen:
Doris Schön / Günther Buchinger / Ingrid Mader /Johannes Ramharter / Werner Chmelar / Markus Jeitler
Kanonen und Kunst. Das Gusshaus auf der Wieden
Wien Archäologisch 14 (Wien 2018)
22 x 14 cm. Broschur.
152 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
EUR 21,90.
ISBN 978-3-85161-186-1