Autorin: Constance Litschauer
Keine Sorge, die römischen Legionssoldaten haben uns mehr von ihrem Lager hinterlassen, als diese Fußabdrücke! Sie stammen übrigens von den Grabungen „Am Hof“, wo sie an der Sohle eines Kanals aus der Frühzeit des Legionslagers – also ab dem ausgehenden 1. Jh. n. Chr. – zum Vorschein kamen.
Im Gegensatz zum immer noch rätselhaften Vindobona davor – wir haben davon berichtet – kann nämlich nicht nur die Truppengeschichte ab der Regierungszeit Domitians (81–96 n. Chr.) bis in die Spätantike gut belegt werden, sondern auch das Legionslager wird fassbarer. Natürlich immer noch inklusive offener und mit dem Alter der angetroffenen archäologischen Strukturen zunehmender Fragen. Zu ihrer manchmal möglichen Beantwortung tragen aber nicht nur weitere Grabungen, sondern ebenso Bauuntersuchungen oder die städtebauliche Entwicklung Wiens mit ihren Straßenverläufen bei. Diese gehen ja teilweise auf die Lagerstrukturen zurück, wie man bereits in einem Blogbeitrag erfahren konnte. Ebenso verhelfen epigraphische Dokumente, die Dislokationen der Legionen Vindobonas und das gut vergleichbare standartisierte Layout eines römerzeitlichen Lagers zu einem immer klarer werdenden Bild.
Während das Kastell der Reitereinheit(en) im Bereich der Freyung vermutet werden kann, folgte am Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. das Unausweichliche: der Bau des Legionslagers startete in unmittelbarer Nachbarschaft im heutigen 1. Bezirk. Wichtige epigraphische Belege dafür sind eine Bautafel eines Centurios der 13. Legion vom Rabensteig und eine fragmentarisch erhaltene Bauinschrift aus der Rotgasse mit dem lesbaren Rest NERV[.]. Damit war es nicht nur möglich, den Baubeginn in spätflavisch/frühtrajanische Zeit zu setzen, sondern auch die für den Start verantwortliche Legion zu erkennen – nämlich die legio XIII gemina.
Die Truppe wurde hier noch unter Nerva oder erst unter Trajan – 97 oder 98 n. Chr. – stationiert, nachdem Auseinandersetzungen der Römer mit Markomannen und Quaden in Pannonien beigelegt werden konnten. Sie blieb Vindobona jedoch nicht lange erhalten, da sie bereits 101 n. Chr. mit Trajan in die unter Domitian aufkeimenden Dakerkriege zog. Sie endeten mit der Annexion Dakiens durch das Römische Imperium. Und so blieb es an der nachrückenden legio XIIII gemina Martia victrix das westlichste Lager der insgesamt vier pannonischen Legionsstandorte – Vindobona, Carnuntum, Brigetio und Aquincum – entlang des Limes weiter zu errichten.
Allerdings ist – wie bereits vom Alenkastell – auch von den Bautätigkeiten dieser beiden Legionen im frühen Holz-Erde-Lager von Vindobona noch relativ wenig überliefert. Ausnahmen bilden der Kanal im Titelbild und beispielsweise eine bei den Grabungen „Am Hof“ angetroffene Backstube. Die Batterie bestand aus vier über einem Steinkranz aufgebauten Lehmkuppelöfen und diente der Versorgung der Legion. Reste von Fachwerk- oder Lehmziegelgebäuden wie Gräbchen, Pfostenlöcher, Pfostengruben und Lehmziegeln ergänzen die frühen Belege und erinnern oft an Mannschaftsquartiere.
Zusätzlich zeigte sich, dass einige wichtige Gebäude wie die principia bei Baustart bereits über Steinfundamente verfügten. Abgesehen davon kamen aber ebenfalls bereits die aus den legionseigenen Werkstätten im heutigen Hernals stammenden Ziegel mit Stempeln der 13. und 14. Legion zum Einsatz, wie die damit ausgelegten Sohlen der ebenso früh angelegten Kanalisation belegen, aber auch gefundene Kanaldeckel.
Und damit kommen wir zum abschließenden Ausblick auf den nächsten Legionslager-Blog: zum Startpunkt des Lagerbaus, der nicht umsonst als locus gromae oder umbilicus (Nabel) bezeichnet wird. Hier wurden – für die alten Römer wenig überraschend – mit einer kultischen Handlung die beiden Hauptachsen, die den Durchzugsstraßen via principalis und via praetoria bzw. via decumana entsprechen, mit der groma festgelegt. In Erinnerung an dieses Gerät aus kombiniertem Lot und Visierkreuz bezeichnet man aber auch den zentralen Torbau eines Legionslagers als groma. Er überbaute den Mittel- und Kreuzungspunkt und kann in Wien vermutlich in der Jordangasse in Form von Bruchsteinfundamenten lokalisiert werden.
Im Bereich der zwischen den Hauptachsen entstandenen Viertelung erfolgten schließlich die Parzellierung und die standardisierte Verbauung des Lagers. Mehr dazu aber das nächste Mal!