Autorin: Ingeborg Gaisbauer
Vom fast vollständigen Topf bis zum gestempelten Mauerziegel hat die Ausgrabung in der Hanuschgasse 3 eine Menge an Fundmaterial gebracht. Nach einem schnellen Überblick über die Befunde wollen wir Ihnen jetzt das Fundmaterial natürlich nicht vorenthalten, zumal das eine oder andere Stück überraschende Einblicke gewährt!
A und Ö im Herz
Den Ziegelstempel mit dem A und Ö kennen Sie schon aus unserem letzten Blog über die Ausgrabung und die Grabungsbefunde. Und weil nicht jeder ein wandelndes Ziegellexikon ist, hier ein wenig mehr Information zu diesem speziellen Kürzel, das sich natürlich auch in unserer Ziegeldatenbank findet.
Es handelt sich dabei um Anton Ölzelt (1817−1875), seines Zeichens Hof- und Stadtbaumeister, einen Mann mit beachtlicher Karriere und Lebensgeschichte. Wer sich näher mit diesem Herrn beschäftigen möchte, findet im Architektenlexikon des Architekturzentrums Wien einiges an Information.
Und wenn wir schon beim Thema Ziegel sind: Da fanden sich in der Hanuschgasse auch mittelalterliche Exemplare, als solche zu erkennen aufgrund der Abstreichspuren an der Oberfläche.
Topf und Deckel
Ganzformen sind nicht an der Tagesordnung, meist schlägt man sich mit Rändern ohne Hals und Böden ohne Bauch herum. Umso erfreulicher sind dann Fundstücke wie ein entzückendes kleines Töpfchen und ein gut erhaltenes Beispiel für einen Topfdeckel, beide Funde datieren in das 14. Jahrhundert. Eine passgenaue Beziehung ginge sich zwischen den beiden zwar nicht aus, aber man war mit Deckelgrößen vermutlich recht tolerant, wie man manchmal mit viel Glück an den Nutzungsspuren auf den Scherben noch sehen kann. So mancher überstehende Deckel zeigt entsprechende Schwärzungen!
Gold machen und Geld sparen
Was sich immer wieder einmal findet, ist der eine oder andere Hinweis auf alchemistische Tätigkeiten oder zumindest Destilliervorgänge, so auch hier. Was genau mit diesen glasierten Stücken eines Unterteils einer Destilliervorrichtung hergestellt wurde, können wir nicht einmal mutmaßen. Es ist aber spannend, wie relativ häufig man auf Überreste solcher Stücke stößt, so z. B. im Fundmaterial vom Judenplatz.
Und wer sich das Gold nicht schaffen konnte, der musste eben sparsam leben – auch dafür gibt es gute Beispiele. Wenn etwas entfernt aussieht wie ein Windbusserl oder eine Schwedenbombe, es sich dabei aber um oxidierend gebrannte und vor allem außen glasierte Keramik handelt, die noch dazu einen Schlitz aufweist, dann ist es eindeutig eine Sparbüchse.
Und wenn es weder mit dem einen noch dem anderen funktioniert hat, dann konnte man sich als Trost – soll auch bei schlechtem Wetter helfen! – immer noch ein Stamperl genehmigen.
Ganz im Ernst: Natürlich wissen wir nicht, was genau man mit derartigen Miniaturformen angestellt hat. Aber wenn man statt Gold zu machen vielleicht doch nur eine Hausmarke destilliert haben sollte, dann ist solch ein Becherchen sicher ein nützliches Artefakt, um zur Verkostung zu schreiten!
Und wenn wir schon leicht angeheitert sind, versuchen wir es doch vielleicht einmal mit Geschlechtsbestimmungen an Geschirr!
Eine eindeutig männliche Pfanne
Auch hier Spaß beiseite (oder eher nicht): Ab und an scheint ein mittelalterlicher Töpfer durchaus daran Gefallen gefunden zu haben, sein Geschirr mit dem gewissen Extra zu versehen – oder sollte ich sagen, mit dem gewissen „Etwas“?
Vor einigen Jahren war es ein eindeutig männlicher Flachdeckel – die „Männlichkeit“ ersetzte den banal-langweiligen Knauf – und nun ist es eine Pfanne, die nackte Tatsachen präsentiert. Hier sind die Geschlechtsteile eindeutig nur zur Zierde angebracht, haben keine praktische Bedeutung als Ersatz für einen Griff. Eine genaue Datierung des Gefäßes ist aufgrund des Erhaltungszustandes schwierig, aber das 14. Jahrhundert bietet sich als solider Vorschlag an. Ob es sich hier um Geschlechtlichkeit auf Bestellung des Kunden oder einen Scherz des Hafners handelte, bleibt der angeregten Fantasie überlassen.