Wohl temperiert!

Autorin: Ingeborg Gaisbauer

Früher war es die Fernwärme, die uns Einblicke mittels Künetten verschaffte, jetzt sind es immer öfter auch Arbeiten im Zeichen der Fernkälte.
Ganz unter uns? Ob kalt oder warm, ist den archäologischen Funden und Befunden herzlich egal. Auch wenn es für ArchäologInnen nach einem etwas kühlen Frühling durchaus ein Thema sein kann und vor allem für jene ArchäologInnen relevant wurde, die besagte Künetten vor Ort betreuten. Die diesjährigen Arbeiten nehmen Fahrt auf, es ist an der Zeit, einen kleinen Rückblick auf die Ergebnisse des letzten Jahres durchzuführen.

Das Projekt ist schnell umrissen: 2020 arbeiteten die Wiener Netze/Wien Energie an der Fernkälte-Leitung vom Einlaufwerk am Franz-Josefs-Kai bis zum Stubenring. Die durchgehende Trasse sollte von der Dominikanerbastei über die Rosenbursenstraße, Stubenring und Parkring bis hin zur Liebenberggasse/Stubenbastei führen. Weitere Bodeneingriffe für eine Nebenleitung waren in der Postgasse geplant, während man gleichzeitig im Bereich Stubenbastei, Jakobergasse und Riemergasse für die Fernwärme zu arbeiten hatte.

Nun sprechen wir hier von einer Routenführung bzw. von Maßnahmen in einem Boden, der notorisch reich an archäologisch/stadthistorisch relevanten Überresten, von den Römern durchs Mittelalter bis in die Neuzeit, ist. Römische Lagervorstadt und Friedhöfe, die mittelalterliche Stadt und fortifikatorische Revolutionen, wie die Bastion an sich, sind nur die bekanntesten möglichen Kandidaten in solch einem Fall. Werfen wir also einen Blick, auf die Ergebnisse.

Die Bastion und die mittelalterliche Stadtmauer

Reste des Grabens vor der 1561 bis 1563 errichteten Biberbastion wurden schon im April 2020 freigelegt, die Bastionsface der Biberbastion folgte auf dem Fuße. An sich ist das natürlich nicht verwunderlich, zieht man die Massivität der „ziegelstarrenden“ Bastionskonstruktion mit in Betracht.

Lage der Bastionen im Bereich der Fernkältearbeiten. (Plan: Stadtarchäologie Wien)
Bastionsmauerwerk aus Ziegeln. (Foto: Stadtarchäologie Wien)

Rarer sind da schon Überreste der deutlich fragileren mittelalterlichen Stadtmauer, wie sie auf Höhe Jakobergasse 3 und 5 in immer noch deutlich erkennbaren Bruchsteinlagen gefunden wurden.

Lage der mittelalterlichen Stadtmauer im Bereich der Fernkältearbeiten. (Plan: Stadtarchäologie Wien)
Spärliche Reste mittelalterlichen Bruchsteinmauerwerks. (Foto: Stadtarchäologie Wien)
Keller und Brunnen

An der Kreuzung Dominikanerbastei/Rosenbursenstraße kamen Befunde bereits unmittelbar nach der Entnahme der Pflastersteine zum Vorschein. So konnte im Südwesten die Ziegelmauer eines vermutlich frühneuzeitlichen Kellers und dessen Verfüllung freigelegt werden. Am anderen Ende des Schnittes, entlang des östlichen Profils und knapp unter dem rezenten Asphalt, kamen weitere Befunde in Form von drei Ziegelmauern – auf Grund der Ziegelstempel ins 19. Jahrhundert zu datieren − und einem älteren Brunnen, ebenfalls aus Ziegeln, zutage.

Frühneuzeitlicher Brunnen aus Ziegeln. (Foto: Stadtarchäologie Wien)
Das Kloster St. Jakob

An der Kreuzung Jakobergasse/An der Hülben kamen unterschiedlichste Mauerreste zum Vorschein, die mit dem Kloster St. Jakob an der Hülben in Zusammenhang stehen und drei verschiedenen Bauphasen zuzurechnen sein dürften. Dieses Kloster, das bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erwähnt wird, wurde auf Befehl Kaiser Joseph II. 1783 aufgehoben.

Die ältesten Funde, die mit Planierungen zwischen den hoch- und spätmittelalterlichen Mauern im Zusammenhang stehen, stammen aus dem späten 13. Jahrhundert.
Und wie sieht es mit den in Aussicht gestellten römischen Überresten aus? Ohne zu viel zu verraten: Was an römischen Funden und Befunden zutage trat, ist so spannend, dass es dafür einen eigenen Blogbeitrag geben wird!