Autorin: Ingeborg Gaisbauer
Kehrt man etwas unter den Teppich, geschieht das meist, um es verschwinden zu lassen, gleich ob es sich dabei um eine unangenehme Tatsache oder „Wollmäuse“ handelt. Grundsätzlich keine besonders löbliche Zugangsweise, die von den meisten MitbürgerInnen eher scheel betrachtet wird, außer die MitbürgerInnen sind ArchäologInnen und freuen sich über „unter dem Teppich“ konservierte Funde.
Um wieder zu etwas humorbefreiteren archäologischen Termini zurückzukehren: Eine wirklich gute Möglichkeit einen Fußboden – und damit gleich die Bauphase eines Raumes, vielleicht sogar weiter reichender Gebäudereste – zu datieren, ist oft genug das Fundmaterial, das unter diesem Boden entsorgt wurde.
In unserem letzten Blog über die Archäologie rund um die Fernkälte haben wir auch kurz das Kloster St. Jakob gestreift – bedeutend flüchtiger, als die Fernkältearbeiten es getan haben. Ein genauerer Blick lohnt sich!
Das Kloster St. Jakob
Die Anfänge des Klosters St. Jakob auf der Hülben − der Begriff „Hülben“ umschreibt übrigens eine mit Wasser gefüllte Senke oder einen Tümpel − liegen im Ungewissen, es gilt aber als eines der ältesten oder gar das älteste Nonnenkloster Wiens. Der erste urkundliche Nachweis stammt aus dem Jahr 1301, Erwähnung findet das Kloster allerdings schon viel früher, nämlich 1256. Wer sich dezidiert für die Gründungssage interessiert, wird hier fündig.
Nach einer abwechslungsreichen Geschichte wurde das Kloster auf Befehl Kaiser Joseph II. 1783 aufgehoben, die Gebäude jedoch anderweitig weiter genutzt und erst im 19. Jahrhundert abgebrochen.
Für weiteres historisches Interesse am Kloster sei der Vollständigkeit halber auf das Archivrepertorium des Augustiner-Chorfrauenklosters St. Jakob hingewiesen.
In diesem Blog geht es aber um Bodenschichten und Fundmaterial.
Bruchsteinmauern und Planierschichten
Zu der nachweislich ältesten Phase des Klosters zählen Überreste von Bruchsteinmauern und ein Bodenhorizont aus Lehm. Aus letzterem stammt Keramik, die hilft, diese Überreste der zweiten Hälfte bzw. dem Ende des 13. Jahrhunderts zuzuordnen. Die Stücke sind in ihrer Ausprägung schon deutlich spätmittelalterlich und gut reduzierend gebrannt. Zumeist handelt es sich um Kremprand- und Wandfragmente von Töpfen, an Verzierung findet sich gelegentlich eine umlaufende Abrollung.
Erfreulich und beachtlich ist hier die Menge und der Zustand, der im bzw. unter dem Fußboden entsorgten Keramik, ein Umstand, der sich in der nächsten Phase deutlich ändert.
Ein spätmittelalterlicher Estrich
Zugegeben, es ist schwierig etwas unter einen Estrich zu kehren, kaum etwas ist so weit vom Eingangsbild des zur Entsorgung abhebbaren Teppichs entfernt wie ein massiver Fußboden aus sehr viel Kalk und Steinen, fest gefügt.
Nichtsdestotrotz findet sich auch im Zusammenhang mit einem mittelalterlichen Estrich immer wieder das eine oder andere Fundstück und so verhielt es sich auch bei der jüngeren Phase des Klosters St. Jakob. Der Bauschutt SE 152 unter dem Estrich SE 150 war „fundführend“, wenn auch nur in sehr geringem Maße, die Keramik stammt aus dem 14./15. Jahrhundert.
So sehr sich ArchäologInnen über „ordentlich“ mit Abfall verfüllte Latrinen, Brunnenschächte und Gruben freuen, was wäre unsere Zunft ohne den herumliegenden Müll aller Zeiten, der dann einfach so, husch husch, in Planierungen und unter Fußböden landete?
Man könnte uns glatt unter den Teppich kehren!