Autorin: Christine Ranseder
Der letzte Teil der Serie zur Urgeschichte in Wien ist der Latènezeit (Jüngere Eisenzeit, 500/400 bis 15 v. Chr.) gewidmet. In der der Zeit der Kelten, kam es – ausgehend vom Rheinland (Gebiet von Hunsrück und Eifel) – zu Neuerungen. Die kleine, elitäre Herrscherschicht der älteren Eisenzeit wurde von der breiteren Schicht eines Kriegeradels abgelöst. Die neuen Herren vertieften ihrerseits die Kontakte mit den mediterranen Kulturen. Wanderungen der Kelten in die Mittelmeergebiete brachten neues Gedankengut, Handelsgüter und neue Technologien in den mitteleuropäischen Raum. Dazu gehörten die schnelldrehende Töpferscheibe, die Münzprägung und die Verwendung des Eisens für landwirtschaftliche Geräte. Keltische Handwerker, unter denen vor allem Feinschmiede sehr geschätzt wurden, schufen einen neuen Kunststil, der sich durch stark abstrahierte Menschen- und Tierdarstellungen sowie durch Zirkelornamentik auszeichnet.
Zu Beginn der Latènezeit war es noch üblich, die Toten in Hügelgräbern zu bestatten – in einigen Fällen mit ausgesprochen reichen Beigaben. Im Laufe der Frühlatènezeit wurde jedoch zunehmend auf die Anlage von Prunkgräbern verzichtet. Flachgräberfelder mit Körper- und Brandbestattungen gewannen an Bedeutung. Die Ausstattung der Verstorbenen wurde einheitlicher, archäologisch sind ranghohe Personen daher nicht mehr ganz so leicht zu identifizieren.
Befestigte Höhensiedlungen spielten weiterhin eine wichtige Rolle im Siedlungswesen der in Stämmen organisierten Kelten. Sie hatten zum Teil die Funktion von Zentralorten und waren vor allem an Ende der Latènezeit Anziehungspunkte für die Bevölkerung. Neben Landwirtschaft, Handwerk und Handel dürften in einigen dieser Siedlungszentren auch administrative Aufgaben wahrgenommen worden sein. Daneben bestanden jedoch auch Siedlungen in den Ebenen.
Im Großraum Wiener Pforte bzw. Wienerwald befand sich eine Höhensiedlung auf dem Leopoldsberg (Wien 19). Das Bild oben zeigt seine harmlose Seite, zur Donau hin fällt er steil ab und bot in waldlosem Zustand sicher eine fantastische Aussicht auf den Strom und sich nähernden Schiffen. Während der frühen und beginnenden mittleren Latènezeit ist, wie fast überall im Donau- und Nordostalpenraum, auch am Leopoldsberg eine Siedlungslücke festzustellen. In der späten Latènezeit erstreckt sich jedoch neuerlich eine ausgedehnte Siedlung über Gipfel und Rücken sowie den Südhang des Leopoldsberges. Sie bestand bis in die 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Sowohl Pfostenbauten als auch eine Grubenhütte konnten nachgewiesen werden. Das Fundmaterial zeigt Beziehungen nach Norden und in geringerem Maß nach Osten. Die archäologischen Forschungen haben gezeigt, dass die im damaligen Gebiet des keltischen Stammes der Boier liegende Siedlung auf dem Leopoldsberg von größerer lokaler Bedeutung gewesen sein dürfte.
Weitere Siedlungsschwerpunkte im Wiener Raum befanden sich auf dem Gebiet des heutigen 3. Bezirks, entlang der Liesing sowie in Aspern.
Besonders interessant ist die Konzentration von Fundstellen im Bereich zwischen Rennweg, Ungargasse und Landstraßer Hauptstraße im 3. Wiener Gemeindebezirk. Hier dürfte sich in der ausgehenden Latènezeit eine größere Siedlung befunden haben. Darauf weisen nicht nur Gruben und Überreste von Hütten sondern auch zwei 1926 in der Engelsberggasse 3/Riesgasse 4 aufgedeckte Töpferöfen hin.
Kontakte zwischen Kelten und Römern belegen die neuesten Ergebnisse der Grabungen in der Rasumofskygasse 29–31 und der Kundmanngasse 21.