Deshalb gibt es in der Osterwoche Häschen, die anstatt Eier zu verstecken an Trauben naschen. Auf römischer Terra Sigillata kann diese dekorative Darstellung als Allegorie des Herbsts und der bevorstehenden Ernte verstanden werden.
Der Grabung im Bereich der Hernalser Hauptstraße 59–63 (Wien 17) sind nicht nur interessante Funde sondern auch überraschende Befunde zu verdanken. Bei der Sichtung der Grabungsdokumentation – darunter hunderte Fotos – fielen mir vier Gefäße auf, die aufrecht stehend sorgfältig in das Erdreich eingegraben waren. Zwei von ihnen befanden sich in Begleitung eines Deckels, die anderen beiden standen einsam umher. Mit Abfall wird normalerweise sorgloser umgegangen, es fand also eine wohlüberlegte Deponierung statt. So weit so gut, doch warum waren die Gefäße – abgesehen von dem im Lauf der Zeit hineingerieselten Erdreich – leer?
Der Teufel lauert bekanntlich immer im Dickicht – pardon: Detail. So auch hier. Hier? Das heißt in diesem Fall: das keramische Fundmaterial der Ausgrabung Hernalser Hauptstraße 59–63. Der Teufel? Zwei unscheinbare kleine Randfragmente – unter uns gesagt: etwas unattraktiv – jedenfalls verglichen mit anderen Objekten aus dieser Grabung, die wir Ihnen auf Grund ihrer relativen Schönheit in Folge noch präsentieren werden. Aufgrund der Größe und des Einzelgängerstatus jedenfalls waren die beiden kleinen Kerlchen zwischen römischen Altstücken und spätmittelalterlicher Keramik gut versteckt und leicht zu übersehen. Es bedurfte schon altmodischer, mittlerweile etwas unpopulär gewordener Grundlagenarbeit (stures und penibles Sichten aller Stücke), um sie zu enttarnen. Keine Sorge, das wird nicht (nur) ein Plädoyer für den Einzelscherben, das Ernstnehmen von (auch kleinen) Funden. Ich habe tatsächlich auch eine Geschichte zu erzählen.
Es mag sexistisch und politisch nicht korrekt sein: Der erste Blick auf ein Kachelfragment, das am St.-Bartholomäus-Platz (Wien 17) gefunden wurde, wandert auf den Busen der dargestellten Figur. Der – möglicherweise mit seinen Gedanken anderweitig weilende – Töpfer betonte diesen durch eine plastische Verzierung, die an in Rüschen gelegte Bänder erinnert. Oder soll es sich um das durch Einschnitte im Stoff des Oberteils gezogene Hemd handeln? Welches modische Detail dem Handwerker auch vorschwebte, das Bruchstück einer Blattkachel zeigt unzweifelhaft den Oberkörper einer Frau. Diese banale Feststellung ist im Zusammenhang mit der Datierung des Fragments nicht so abwegig. Tiefe rechteckige Ausschnitte und reich gefältelte Hemden waren in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts typisch für die Kleidung beider Geschlechter.