Fadenspiele

Autorin: Christine Ranseder

Jetzt haben wir endlich auch einen Posamentenknopf aus Lahnfaden gefunden! Nicht in einem Grab, wie ich eigentlich erwartet hätte, sondern in einer Verfüllung am Frankhplatz. Der Knopf kam also nicht mit einem Kleidungsstück in den Boden, sondern ging verloren. Das durch die Fadenführung entstandene Muster wird „Turk´s Head“ genannt, weil es der Wicklung eines Turbans ähnelt − wie ein Blick auf den im vorhergehenden Blog vorgestellten Pfeifenkopf bestätigt.

Im Inneren derartiger Knöpfe kann sich ein Holzkern befinden, er ist jedoch nicht zwingend notwendig. Der Erhaltungszustand unseres Fundes erlaubt es, tief zu blicken und siehe da: Die kunstvolle Fadenwicklung erfolgte um einen Holzkern.

Seitenansicht und Rückseite des am Frankhplatz gefundenen Posamentenknopfes mit einem Durchmesser von 1,37 cm. (Foto: Stadtarchäologie Wien/Christine Ranseder)

Der Zustand des verwendeten Fadens verrät uns etwas über die Qualität des Knopfes. Anders als Posamentenknöpfe, die in einem Grab am Domplatz in St. Pölten gefunden wurden, glänzt er nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Die Jahrhunderte im Boden haben dem Faden reichlich zugesetzt! Doch warum?

Ein Lahnfaden besteht aus einem textilen Trägerfaden (der sog. Seele; Seide, Baumwolle etc.), um den ein Metallstreifen (der sog. Lahn) gewickelt ist. Dieser musste nicht immer aus Gold oder Silber geschlagen sein, für weniger edlen – und damit preisgünstigeren – Lahnfaden kam auch Leonische Ware zum Einsatz. Dies dürfte auch bei unserem Posamentenknopf der Fall gewesen sein, denn der Faden ist grün korrodiert – ein sicherer Indikator für die Anwesenheit von Buntmetall.

Durch eine Gold- oder Silberplattierung veredelte Drähte aus Kupfer wurden ab dem Beginn des 16. Jahrhunderts in dem Gebiet um die französische Stadt Lyon hergestellt – daher der Name Leonische Drahtwaren. Das erste Produktionszentrum in Deutschland entstand im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts in Nürnberg, die hier ansässigen Produzenten hatten bis zum Ende des 17. Jahrhunderts eine Monopolstellung inne. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es mit staatlicher Unterstützung in der Form von Importverboten zur Gründung von Manufakturen in Wien, unter denen die 1739 gegründete „Leonische Gold- und Silberdrahtzugs-Fabrik“ eine ernstzunehmende Konkurrenz für die Nürnberger Produzenten darstellte.

Der am Frankhpatz gefundene Knopf befand sich in Gesellschaft von Keramik des 16./17. und 17./18. Jahrhunderts − jener Zeit, als Posamentenknöpfe eine Blütezeit erlebten. Es besteht also sogar die Möglichkeit, dass es sich um ein Wiener Produkt handelt, erwiesen ist das allerdings nicht.