Archäologische Arbeiten mitten im römischen Legionslager

Autorinnen: Sabine Jäger-Wersonig, Ingeborg Gaisbauer

Aber da gibt’s doch noch mehr … Auch dieses Jahr erwartet uns aus archäologischer Sicht ein „heißer Herbst“. Durch die geplante Begegnungszone, die den Petersplatz, den Bauernmarkt sowie die Freisinger-, die Goldschmied- und die Milchgasse umfassen soll und eine Fußgängerzone im Bereich der Freisingergasse 4, wird es zu weitreichenden Veränderungen im Untergrund kommen. Zu Beginn werden die Rohrleitungen von Gas, Wasser und Fernwärme erneuert. Zusätzlich wird die Fernkälte neben schon bestehenden Leitungen verlegt. Diese Arbeiten bedeuten umfangreiche Erdbewegungen, die bis in eine Tiefe von vier Meter reichen können. 2022 soll dann mit der eigentlichen Gestaltung der Oberfläche in Form einer neuen Pflasterung und der Pflanzung von Bäumen und Sträuchern begonnen werden. All diese Arbeiten werden, sobald in historische Schichten eingegriffen wird, von der Stadtarchäologie Wien begleitet. Welche spannenden Einblicke können wir nun erwarten?

In römischer Zeit lag hier das Legionslager mit seinen Mannschaftsunterkünften, seinen rechtwinklig angelegten Straßen und nicht zuletzt mit der das Lager begrenzenden Mauer und dem dahinterliegenden Wall. Die Legionslagermauer wurde bereits 1904 in der Jungferngasse/Graben 22 beim Bau einer unterirdischen Bedürfnisanstalt beobachtet. In dieser Zeit wurden auch eine Reihe von Künetten für Wasser- und Gasleitungen gegraben, wodurch immer wieder Mauerzüge und antike Fußböden am Petersplatz und in der Freisingergasse zum Vorschein kamen. 2016 stieß man bei der Generalsanierung des Hauses am Bauernmarkt 1 auf römische Mauern, Gruben und auf einen unüblich groß dimensionierten Keller, der mit einer ungewöhnlich großen Menge an Fundmaterial verfüllt war.

Impressionen vom Petersplatz. (Fotos: Stadtarchäologie Wien/Sabine Jäger-Wersonig)

Und nicht genug mit all der römischen Prachtentfaltung in Fund und Befund! Der Bereich zwischen dem Hohen Markt, der Tuchlauben, St. Peter, dem Bauernmarkt und dem Wildpretmarkt bis hinunter zu St. Ruprecht gilt immer noch zu Recht als eine der „besten Lagen“ für die Erforschung des mittelalterlichen Wiens und seiner Anfänge.

Im Bereich der Tuchlauben fand sich nicht nur eine Bestattung aus dem frühen Hochmittelalter, der mittelalterliche Vorgängerbau des heutigen barocken St. Peter geht, soweit sich das sagen lässt, auf das späte 11. Jahrhundert zurück.
Keramisches Fundmaterial aus der Grabung Bauernmarkt 1, aber auch aus der Tuchlauben und vom Wildpretmarkt fügt sich gut in diese Datierung und kann als profanes Zeugnis mittelalterlicher Geschäftigkeit in diesem Areal gesehen werden.

Aus archäologischer Sicht darf auch der Friedhof der Kirche St. Peter − der 1276 das erste Mal dezidiert genannt, im 13. Jahrhundert aber bereits aufgelassen wurde − nicht vergessen werden. Es ist fraglich, ob Reste des alten Friedhofs den Neubau der Kirche ab 1701 überstanden haben, spätestens 1783 wurden solche aber auf jeden Fall entfernt.

Mit Mittelalter in allen möglichen Schattierungen ist also zu rechnen!